• Foto zum Thema "Trendstudie Jugend in Deutschland 2025": Zu sehen ist da Autorenteam. Simon Schnetzer, Klaus Hurrelmann und Kilian Hampel (von links).
    Das Autorenteam der Trendstudie Jugend in Deutschland 2025: Simon Schnetzer, Klaus Hurrelmann und Kilian Hampel (von links). Foto: Marco Urban

Trendstudie Jugend in Deutschland 2025 Gestresst, aber optimistisch

Die Jugend steht unter enormen Druck, gleichzeitig blickt sie hoffnungsvoll in die Zukunft – dies ist ein zentrales Ergebnis der Trendstudie Jugend in Deutschland 2025. Anlass zur Sorge bietet das schwindende Vertrauen in die Politik.

Viele Stühle sind leer geblieben, viele Freund*innen sind nach der Pandemie für längere Zeit nicht mehr in die Schule gekommen. Der Grund: psychische Probleme. „Irgendwie wurde das nie richtig angegangen“, beklagt Maja Zaubitzer. Nicht von der Politik, nicht von den Lehrkräften, gefühlt habe niemand reagiert. Mit Blick auf die heutige Situation sagt die Schülerin: „Wir stehen unter großem Leistungsdruck, und das, gepaart mit den multiplen Krisen, bringt uns dazu, dass wir Angst um unsere Zukunft haben.“

Maja Zaubitzer ist nicht nur Schülerin, sie ist auch stellvertretende Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz. Bei der Vorstellung der aktuellen Trendstudie Jugend in Deutschland 2025 am 20. Mai schilderte sie, wie junge Menschen die Gegenwart erleben – stellvertretend für ihre Generation.

Die Trendstudie Jugend in Deutschland ist inzwischen eine Instanz. Sie erscheint dieses Jahr zum achten Mal, zum zweiten Mal bezieht sie außer 14- bis 29-Jährige auch 30- bis 49-Jährige sowie 50- bis 69-Jährige ein. Die Studienergebnisse basieren auf der repräsentativen Befragung von etwas mehr als 6.000 Personen. „Unser Ziel ist es, die Grundlagen für ein besseres Miteinander zwischen den Generationen zu legen“, sagt Studienleiter Simon Schnetzer. Es gehe darum, Mythen auszuräumen – denn anders als angenommen, ticke die junge Generation in vielen Bereichen gar nicht so viel anders als die ältere. Und wenn es Unterschiede gibt, gehe es darum, diese besser zu verstehen. Ebenfalls Teil der Agenda: „Wir wollen junge Menschen nicht nur befragen, sondern auch an der Gestaltung von Zukunft beteiligen!“

Zum Autorenteam gehören ebenfalls Dr. Kilian Hampel von der Universität Konstanz und Prof. Klaus Hurrelmann, der an der Hertie School of Governance in Berlin lehrt.

Wie blickt die Jugend in Zukunft?

2024 hatte die Zufriedenheit der jungen Generation den Tiefpunkt erreicht – „der Krisenmodus hält zwar an, aber es gibt erste Zeichen der Entspannung“, sagt Schnetzer. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Zukunft, konkret: mit Blick auf die erwartete Veränderung in zwei Jahren.

Diese hat das Forschungsteam mithilfe des sogenannten Datajockey-Jugendbarometers analysiert. Die Befragten mussten angeben, ob sie eine Verbesserung, eine Verschlechterung oder keine Veränderung erwarten. Hierfür wurden bei der Auswertung die Werte „+1“, „-1“ und „0“ vergeben – das bestmögliche Ergebnis in der Gesamtauswertung ist entsprechend der Wert „1“, das schlecht möglichste der Wert „-1“.

Für die Generationen ergeben sich folgende Indizes für die Bewertung des eigenen Lebens (erwartete Veränderung in zwei Jahren):

  • 14- bis 29-Jährige: 0,6
  • 30- bis 49-Jährige: 0,3
  • 50- bis 69-Jährige: 0,06

Bemerkenswert ist, dass die Jugend im Vergleich zu den anderen Generationen deutlich optimistischer in die Zukunft blickt. Dies ist damit zu erklären, dass sich die Menschen mit zunehmendem Alter eher auf Herausforderungen einstellen, geht aus der Studie hervor.

Was bereitet der Jugend Sorgen?

In diesem Fall müsste die Frage eher lauten: Was bereitet allen Generationen Sorgen? Egal, ob Kriege, Inflation oder gesellschaftliche Spaltung – „die Sorgen der Generationen ähneln sich stark“, kommentiert der Studienleiter. „Die neue Bundesregierung sollte sich die Werte genau anschauen. Dann weiß sie, worauf sie sich konzentrieren muss.“

Krieg in Europa und Nahost

  • 14- bis 29-Jährige: 62 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 60 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 70 Prozent

Inflation

  • 14- bis 29-Jährige: 57 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 55 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 54 Prozent

Spaltung der Gesellschaft

  • 14- bis 29-Jährige: 48 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 47 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 48 Prozent

Teurer / knapper Wohnraum

  • 14- bis 29-Jährige: 48 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 41 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 41 Prozent

Klimawandel

  • 14- bis 29-Jährige: 47 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 37 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 43 Prozent

Wie steht’s um die mentale Gesundheit der Jugend?

Anders als bei den gesellschaftlichen und politischen Sorgen zeigen die Studienergebnisse im Generationenvergleich ein differenziertes Bild – die Jugend ist deutlich stärker belastet. „Die Ergebnisse sind ernst zu nehmen, man darf allerdings nicht vergessen, dass Stress in der Jugendphase auch ein typisches Phänomen ist“, erklärt Schnetzer. Denn es handle sich um eine Lebensphase, die mit vielen Fragen verbunden ist: Bin ich gut genug? Wo will ich hin? Was will ich einmal tun?

Stress

  • 14- bis 29-Jährige: 49 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 39 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 21 Prozent

Erschöpfung

  • 14- bis 29-Jährige: 34 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 33 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 25 Prozent

Selbstzweifel

  • 14- bis 29-Jährige: 32 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 20 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 10 Prozent

Antriebslosigkeit

  • 14- bis 29-Jährige: 30 Prozent
  • 30- bis 49-Jährige: 24 Prozent
  • 50- bis 69-Jährige: 20 Prozent

Wie beeinflussen Soziale Medien die Lebensrealität junger Menschen?

Eng verknüpft mit dem psychischen Wohlbefinden ist die Nutzung von Sozialen Medien: „Wer das Smartphone weniger nutzt, fühlt sich besser“, sagt Co-Autor Kilian Hampel. Bemerkenswert sei, dass junge Menschen sich der Gefahren durchaus bewusst sind, wie die Studienergebnisse zeigen:

  • Der Aussage, die Nutzung von Sozialen Medien trage zum Anstieg psychischer Belastungen bei, stimmen 55 Prozent zu.
  • 45 Prozent teilen die Ansicht, dass ihr Wohlbefinden leide, wenn sie zu viel Zeit in den Sozialen Medien verbringen.
  • 35 Prozent geben an, dass man ihr Nutzungsverhalten des Smartphones als Sucht bezeichnen könne.

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Nina Kolleck, Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie an der Universität Potsdam, forscht zur Frage, wie junge Menschen soziale Medien nutzen. „Fakt ist, dass das Smartphone aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken ist“, sagt sie. Dabei handle es sich um eine Realität, die auch die Politik anerkennen muss. „Um für die Gefahren von Sozialen Medien zu sensibilisieren, brauchen wir mehr Medienbildung“ – außerdem müsse die Politik digitale Plattformen stärker regulieren, damit junge Menschen weniger mit Hass, Fakenews, Extremismus und Verschwörungstheorien konfrontiert werden.

Wie stehen junge Menschen zur Demokratie?

Über die Hälfte informiert sich in Sozialen Medien über politische Themen, wo auch Rechtsextreme den Ton angeben – diese Tatsache ist eine von mehreren Ursachen dafür, dass junge Menschen politisch tief verunsichert sind, sagt Co-Studienautor Klaus Hurrelmann.

„Es fällt auf, dass das Vertrauen ins politische System angekratzt ist, die Jugend ist enttäuscht von der Regierungspolitik.“ Der Wissenschaftler verweist darauf, dass junge Menschen bei der vergangenen Bundestagswahl vor allem die Parteien der Extreme gewählt und die Ampel-Parteien besonders schlecht abgeschnitten haben.

Die aktuelle Trendstudie zeigt mit Blick auf die 14- bis 29-Jährigen:

  • 52 Prozent stimmen der Aussage zu, man dürfe in Deutschland nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden.
  • 46 Prozent meinen, der Staat kümmere sich mehr um Flüchtlinge als um hilfsbedürftige Deutsche.
  • 26 Prozent sehen eine Unterwanderung der deutschen Gesellschaft durch den Islam.

In den anderen Altersgruppen sind die Zustimmungswerte zu den Aussagen höher. „Es besteht eine Tendenz, die an der Substanz demokratischer Haltungen kratzt“, mahnt Hurrelmann. „Die junge Generation ist dabei nicht tonangebend, aber sie in den Strudel hineingeraten.

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Die Ursachen? „Krisen stören die Lebensgestaltung“, sagt der Professor – und die sind in Zeiten von geopolitischen Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheit mehr als gegeben. Hinzu kommt die psychische Belastung: „Stress geht mit Kontrollverlust einher, das ist keine gute Ausgangssituation, um sich auf demokratische Prozesse einzulassen.“ Nicht zuletzt spiele auch Benachteiligung – faktisch oder gefühlt – eine Rolle: Ob die junge Generation den Wohlstand der älteren aufrechterhalten kann, sei fraglich. Das führe zu Enttäuschung.

Stressprävention gehört ins Curriculum und in den Schulalltag!

Maja Zaubitzer

Was muss sich in den Schulen ändern?

Zurück zu Maja Zaubitzer, der stellvertretenden Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz: „Die Studienergebnisse zeigen ganz klar, was wir seit Jahren schon in der Schule beobachten“, resümiert sie. Ihr Handlungsauftrag an die Politik: Zunächst gilt es, mehr in Schulsozialarbeit zu investieren, an die sich junge Menschen gezielt mit ihren Problemen wenden können. „Stressprävention gehört ins Curriculum und in den Schulalltag!“

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Weiterhin gilt es, Demokratie in der Schule erfahrbar zu machen: „Es ist nicht damit getan, dass wir einmal das Parlament durchnehmen“, betont die Schülerin. Gefragt seien Planspiele, bei denen sich junge Menschen in die Situation von Entscheidungsträger*innen hineinversetzen. Auch Mitbestimmung im Schulalltag müsse eine stärkere Rolle spielen – beispielsweise in drittelparitätischen Schulparlamenten, in denen Eltern, Lehrkräfte und Schüler*innen gemeinsam entscheiden. Zaubitzer: „Und das nicht bloß über das Thema der nächsten Projektwoche, sondern auch ganz konkret über die Schulfinanzen! Wir wollen strukturell eingebunden werden und Selbstwirksamkeit erfahren!“

Text: Christoph Dierking