• Daria Abramov ist Teamleiterin im Sozialamt Wuppertal.
    Daria Abramov ist Teamleiterin im Sozialamt Wuppertal. Foto: Vanessa Wunsch

Jobkompass: die Verwaltungsfachwirtin

In der Verwaltung haben Generalisten den Hut auf

Museum, Ausländerbehörde, Wohnraumförderung, Sozialamt: In diesen Bereichen hat Daria Abramov bereits gearbeitet. Geraten wurde ihr früher allerdings zu einem ganz anderen Job.

Hutmacherin? Daria Abramov hat eben das Ergebnis des Tests bekommen, der ihr eigentlich Klarheit über ihre berufliche Zukunft verschaffen sollte. Die ganze Klasse hat den Test absolviert. Und bei ihr steht Hutmacherin. Die Schülerin ist irritiert: „Das passt so gar nicht zu mir.“ Eigentlich wollte sie erst Jura studieren und später Hollywoodstar werden; die Schauspielerei in der Theater-AG und am Schauspielhaus, wo sie viel Freizeit verbringt, bereitet ihr große Freude. Aber schon damals ist auch berufliche Sicherheit für sie ein wichtiges Thema: „Ich wollte unbedingt erst eine abgeschlossene Ausbildung in der Hand haben.“ Ihr Lehrer in der Realschule fragt sie, was sie von der Kommunalverwaltung hält. Da hätte sie viel mit Gesetzen zu tun – und die berufliche Sicherheit sei im öffentlichen Dienst ebenfalls gegeben. Abramov ist nicht abgeneigt, sie bewirbt sich, wird genommen und startet schließlich in die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten.

Heute arbeitet die 35-Jährige als Teamleiterin in der Stadtverwaltung in Wuppertal, genau: im Sozialamt in der Abteilung „Finanzielle Hilfen“. Dort kümmern sich die Mitarbeitenden um Menschen, deren Rente nicht zum Leben ausreicht und die Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben. Außerdem sorgen sie dafür, dass alle Hilfe zu ihrem Lebensunterhalt bekommen, die auf Dauer oder Zeit voll erwerbsgemindert sind. Das sind unter anderem Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen. Als Teamleiterin ist Abramov dafür verantwortlich, dass sämtliche Abläufe reibungslos funktionieren. Personal planen, Ansprechpartnerin sein und Probleme lösen, all das gehört zu ihren Aufgaben. Den Job macht sie seit Februar 2019 – zuvor hat sie in diversen anderen Funktionen gearbeitet. „Viele in der Verwaltung sind Generalisten. Niemand muss sein gesamtes Berufsleben dasselbe machen.“

Vom Museum in die Ausländerbehörde

Abramov hat die Vielfalt genutzt: Während der Ausbildung absolviert sie unter anderem eine Praxiseinheit in der Museumsverwaltung. Und nach der Ausbildung bietet ihr die Stadt verschiedene Stellen an: in der Ausländerbehörde, im Jugendamt und bei der Stadtkasse. „Mit Zahlen konnte ich nicht so gut“, erinnert sie sich und lacht. „Ich habe gesagt, dass es weder für mich noch für Wuppertal sinnvoll ist, wenn ich bei der Stadtkasse anfange.“

Die Wahl fällt auf die Ausländerbehörde. Zunächst kümmert sich die junge Verwaltungsfachangestellte um die Terminkoordination, später wechselt sie in die Sachbearbeitung. Ein schöner Moment, an den sie sich noch erinnert? „Ich konnte einem Vater ermöglichen, dass er seine Ehefrau nachholt, weil er die Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllt hat.“ Er sei mit seinen beiden Kindern vor Ort gewesen. Alle hätten vor Glück geweint. „Ich fand das in dem Moment so schön, da musste ich einfach kurz mitweinen.“

Von der Wohnraumförderung ins Sozialamt

Nach einigen Berufsjahren möchte sich Abramov weiterbilden: 2012 beginnt sie mit dem sogenannten „Verwaltungslehrgang II“, in dem sie ihre Fachkenntnisse vertieft, unter anderem in Hinblick auf Rechtswissenschaften und die Organisation von Arbeitsabläufen. Wer den Lehrgang erfolgreich abschließt, darf sich im Anschluss Verwaltungsfachwirt*in nennen. Das neue Wissen wendet Abramov in der Wohnraumförderung an, wo die Vergabe von zinslosen und zinsarmen Darlehen unter ihre Zuständigkeit fällt. Darauf folgt der Wechsel in die Teamleitung beim Sozialamt, wo sie sich bis heute im Rahmen von Rufbereitschaften auch um die Unterbringung von Obdachlosen kümmert. „Dass ich mich noch einmal an neue Rechtsgebiete herangewagt habe, war für mich die richtige Entscheidung“ – von den Kenntnissen profitiere sie in ihrer Position als Teamleiterin.

Ganz grundsätzliche Kompetenzen, die alle mitbringen sollten, die über eine Ausbildung in der Verwaltung nachdenken? Entscheidend sind Interesse an rechtlichen Zusammenhängen sowie ein gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen, betont die Verwaltungsfachwirtin. „Wir arbeiten viel mit Gesetzestexten, haben viel mit Menschen zu tun, oft geht es auch um das Schreiben von Bescheiden“ – aber auch für alle, die keinen direkten Kundenkontakt möchten, gibt es in der Verwaltung Optionen, beispielsweise in der Innenrevision. Und wie es mit der Verbeamtung ausschaut? „Es gibt Ausbildungsstellen in der Verwaltung, mit der eine Verbeamtung einhergeht“, erklärt Abramov. Aber eben auch viele, wo das nicht der Fall ist. Beides habe Vor- und Nachteile: „Für mich persönlich war es richtig, den Weg als Tarifbeschäftigte einzuschlagen, weil eine Beamtenlaufbahn mir wahrscheinlich nicht so viel Flexibilität ermöglicht hätte.“

Von Deutschland nach Sansibar

Auch wenn die Zeit in der Ausländerbehörde schon eine Weile zurückliegt: Im vergangenen Jahresurlaub kam es für Abramov zu einem überraschenden Wiedersehen. Vor etwa zehn Jahren stellte sie einer Frau, die eigentlich auf der Inselgruppe im Indischen Ozean lebt, eine Aufenthaltsgenehmigung aus. „Wir haben uns gut verstanden. Die Frau schrieb mir ihre Adresse auf und meinte, ich soll sie besuchen, wenn ich mal auf Sansibar bin.“ Und im vergangenen November war Abramov auf Sansibar: Sie erinnert sich an die im Smartphone gespeicherte Adresse, ist zunächst unsicher, klingelt aber schließlich doch an der Tür. „Tatsächlich hat die Frau noch dort gelebt, sich an mich erinnert und wir hatten einen netten Plausch.“

Text: Christoph Dierking

FAQ: Fachangestellte*r in der Verwaltung werden

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

Rechtlich ist laut Bundesagentur für Arbeit keine bestimmte Vorbildung vorgesehen. In der Praxis stellen die Verwaltungen meistens Ausbildungsanfänger*innen mit Mittlerem Schulabschluss oder Fachhochschulreife beziehungsweise Abitur ein.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Die Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Die Ausbildungsinhalte unterscheiden sich je nach Behörde und Fachrichtung. Grundsätzlich lernen Auszubildende, wie Kommunal-, Landes-, Bundes- oder auch Kirchenverwaltungen funktionieren. Im praktischen Teil übernehmen die Auszubildenden Verwaltungsaufgaben, bearbeiten rechtliche Vorgänge und bereiten Entscheidungen vor. Im schulischen Teil stehen Rechtsfächer auf dem Lehrplan, gegebenenfalls auch Finanz- und Rechnungswesen, Controlling und Kommunikationstechniken. Wer die Ausbildung abschließt, ist Generalist*in und vielfältig einsetzbar.

Wo findet die Ausbildung statt?

In der Regel erfolgt die Ausbildung in Behörden und Berufsschulen. Gegebenenfalls absolvieren die Auszubildenden weitere Seminare in den jeweiligen Bildungseinrichtungen des Bundes, der Länder, Städte und Kommunen. In Schleswig-Holstein beispielsweise finden Seminare am Internat der Beruflichen Schulen statt, in Wuppertal am Bergischen Studieninstitut.

Was verdiene ich?

Wie hoch das Entgelt beziehungsweise bei Verbeamtung die Besoldung ist, hängt unter anderem von der Behörde, dem Bundesland und der ausgeübten Tätigkeit ab und lässt sich nur schwierig verallgemeinern.

In der Kommunalverwaltung gilt beispielsweise der Tarifvertrag für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Wer die Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten beziehungsweise zum Verwaltungsfachangestellten abgeschlossen hat, startet als Tarifbeschäftigte*r je nach Tätigkeit und Qualifikation in der Entgeltgruppe E5 bis hin zu E9a. Wer sich als Verwaltungsfachwirt*in weiterbildet, kann mit einer Eingruppierung von E9b bis E12 rechnen.

Die aktuellen Entgelt- und Besoldungstabellen veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Verwaltungsfachangestellten stehen diverse Fachbereiche offen. Wer sich weiterbildet, kann perspektivisch auch Führungspositionen übernehmen. Möglich ist die Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt bzw. Verwaltungsfachwirtin.

Wo finde ich weitere Informationen?

Weitere Informationen bietet unter anderem die Bundesagentur für Arbeit, darüber hinaus die Ausbildungsportale der Bundesländer, Kommunen sowie Bundesbehörden.