Anzeige

Jobkompass: Die Finanzbeamtin (Veranlagung)Wenn Eltern ihre Kinder von der Steuer absetzen wollen

Eine Finanzbeamtin schildert ihren Werdegang und gibt Einblicke in ihren Berufsalltag. Manchmal erlebt sie bei den Steuererklärungen Kuriositäten.

Es gibt Menschen, die wollen ihre Kinder von der Steuer absetzen – „wir bekommen dann eine Liste, in der sorgfältig alle Ausgaben für Windeln und Babybrei aufgeführt sind“, erzählt Lara. Bemerkenswert auch: die Ehefrau, die das teure Geschenk für ihren Ehemann als außergewöhnliche Belastung angegeben hatte. Und mit den Werbungskosten ist das ebenfalls so eine Sache: Einmal wollte sich ein Arbeitnehmer seinen Urlaub erstatten lassen, weil er sich – so die Begründung – „mental auf seinen neuen Job vorbereiten musste“. In solchen Situationen wandern die Blicke im Büro hinüber zur Kollegin: Wie kommen die Leute darauf, dass so etwas geht?

Was sich von der Steuer absetzen lässt und was nicht, damit kennt sich Lara Wiechers aus. Sie ist Finanzbeamtin in Göttingen und bearbeitet die Steuererklärungen von Selbstständigen und Gewerbetreibenden. „Das ist alles aufgeteilt, andere kümmern sich beispielsweise um die Arbeitnehmer, wiederum andere um die Kapitalgesellschaften“, erklärt die 28-Jährige. Zum täglichen Geschäft kommen unter anderem die Bearbeitung von Einsprüchen und Telefonate mit Menschen, die besondere Anliegen oder Fragen haben. „Jeder Fall ist anders, das macht die Arbeit abwechslungsreich und spannend.“

Seminar über Kryptowährungen

Manche Kolleginnen und Kollegen entscheiden sich für den Job, weil in der Familie bereits jemand beim Finanzamt arbeitet – „aber die meisten haben in der Schule noch nie etwas vom Finanzamt gehört“, sagt Lara. „Und wenn, dann in der Regel, weil Mama und Papa über die Steuererklärung geflucht haben.“ So in etwa war es auch in ihrem Fall. Warum sie sich trotzdem für eine Ausbildung beim Finanzamt entschieden hat?

Nach dem Abitur absolviert Lara ein Freiwilliges Soziales Jahr und verschiedene Praktika, das Überangebot an Studiengängen schreckt sie eher ab. Schließlich stellt sie fest, dass das Finanzamt alle Dinge bietet, die ihr im Berufsleben wichtig sind: Gleitzeit, die flexibles Arbeiten ermöglicht. Die Sicherheit des öffentlichen Dienstes. Und die Möglichkeit, innerhalb verschiedener Fachbereiche zu wechseln; niemand muss beim Finanzamt das gesamte Berufsleben dasselbe machen.

„Und klar, der eine oder andere mag sich die Arbeit trocken vorstellen“, sagt die Beamtin. „Aber ich empfinde sie als sehr lebensnah“ – denn jedes Jahr gibt es neue Regelungen, entsprechend sind Weiterbildungen im Job wichtig. Ein Beispiel: Schulungen über Kryptowährungen, die heutzutage bei Steuererklärungen durchaus eine Rolle spielen. „Man staubt nicht ein und bleibt am Puls der Zeit.“

Elektronisch die Regel, analog die Ausnahme

Berge von Aktenordnern, Formularen und Erklärungen auf Papier – ältere Kolleginnen und Kollegen sprechen oft über die Zeit vor der Digitalisierung, erzählt Lara. Inzwischen geben die meisten Menschen ihre Steuererklärung elektronisch ab, mithilfe von Softwarelösungen wie Elster, Wiso oder Taxflix. Papiererklärungen sind zwar noch erlaubt, denn das Finanzamt kann älteren Menschen, die möglicherweise keinen Computer und keinen Internetanschluss haben, die elektronische Abgabe nicht vorschreiben. Die Papiererklärungen werden vor Ort eingescannt, das funktioniert in der Regel zuverlässig. Nur selten muss die Finanzbeamtin mal etwas von Hand eingeben, die Fälle sind verschwindend gering.

Mehr entdecken: FAQ – Basics rund um Beamtenverhältnis, Besoldung und Laufbahn 

Hin und wieder ergeben sich Unregelmäßigkeiten bei den Erklärungen. Einiges ist Unwissenheit geschuldet, manchmal steht aber auch der Verdacht der Steuerhinterziehung im Raum. In Verdachtsfällen übermittelt Lara den Fall an die Strafsachenstelle, die alles Weitere prüft und gegebenenfalls Justiz, Zoll und Polizei einbezieht. „Am Ende bekomme ich einen Bericht, im folgenden Jahr kontrolliere ich dann, ob alles korrekt ist.“

Übrigens: Dass ihre Eltern über die Steuererklärung fluchen, kommt nicht mehr vor. Seit sie beim Finanzamt arbeitet, unterstützt Lara ihre Familie bei der Erstellung.

Text: Christoph Dierking

FAQ: Wie werde ich Finanzbeamt*in?

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

Wer beim Finanzamt arbeiten möchte, kann eine Ausbildung oder ein duales Studium absolvieren. Für die Ausbildung ist der Mittlere Schulabschluss erforderlich, für das duale Studium das Abitur beziehungsweise Fachabitur.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Die Ausbildung für den mittleren Dienst dauert zwei Jahre, das duale Studium für den gehobenen Dienst drei.

Wo findet die Ausbildung statt?

Die praktische Ausbildung findet direkt in den Finanzämtern statt, die theoretische in sogenannten Finanzschulen beziehungsweise Steuerakademien. Diese sind jeweils bestimmten Einzugsgebieten zugeordnet.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Die Auszubildenden beschäftigen sich umfassend mit dem deutschen und internationalen Steuerrecht (Einkommenssteuer, Lohnsteuer, Gewerbesteuer), Buchführung sowie den Befugnissen und Fristen, welche die Abgabenordnung definiert. Ebenfalls auf dem Lehrplan: Wirtschaft und Politik, insbesondere das politische System der Bundesrepublik.

Was verdiene ich?

Die Besoldung richtet sich nach dem Bundesland und der Laufbahn. Wer die Ausbildung für den mittleren Dienst abgeschlossen hat, steigt mit einer A6- beziehungsweise A7-Besoldung ein, im gehobenen Dienst mit einer A9- beziehungsweise A10-Besoldung.

Die aktuellen Besoldungstabellen für die Länder veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Im Innendienst besteht die Möglichkeit, nach entsprechenden Fortbildungen Koordinationsaufgaben zu übernehmen, im Außendienst sind die Steuerfahndung und Betriebsprüfung mögliche Optionen. Wer sein Wissen weitergeben möchte, kann nebenamtlich – oder auch hauptamtlich – in der Finanzakademie unterrichten. Und wer eine höhere Laufbahn einschlagen möchte, dem steht eine Karriere in Mittelbehörden, Oberfinanzdirektionen, in Landesämtern für Steuern sowie Ministerien offen.

Wo finde ich weitere Informationen?

Weitere Informationen gibt es bei den Finanzverwaltungen der Bundesländer, bei der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG).

zurück