• Diplomat*in werden? Ausbildung, Gehalt, Karriere: Der Job-Kompass von #staatklar liefert den Überblick.
    Clemens Stolzenberg ist Diplomat im höheren Dienst. Foto: Privat/Colourbox

Jobkompass: Der Diplomat

So wird die Welt zum Arbeitsplatz

Diplomat*innen sind Scharniere, die Deutschland mit der Welt und die Welt mit Deutschland verbinden. Clemens Stolzenberg ist einer von ihnen.

Berlin, 11 Uhr, ein sommerlicher Julitag: Der Fragensteller loggt sich für das Interview in die Videoschalte ein. Sein Gesprächspartner, Clemens Stolzenberg, ist schon da. Er sitzt an einem Schreibtisch in Canberra, der australischen Hauptstadt, 16.000 Kilometer entfernt. Auf der Südhalbkugel ist es 19 Uhr, bereits dunkel – und Winter. Gerade haben die Menschen „Christmas in July“ gefeiert, eine sehr beliebte Veranstaltung, auf der die ganze Stadt ausgelassen feiert.

Stolzenberg arbeitet für das Auswärtige Amt, als Diplomat im höheren Dienst. Erst seit wenigen Wochen lebt er in Down Under, es ist sein erster Auslandsposten. An der deutschen Botschaft leitet er das Presse- und Kulturreferat. Diplomat*innen wechseln alle drei bis vier Jahre den Dienstort. „Jeder kann mehrere Wünsche angeben, das Personalreferat schaut dann, was am besten passt“, erklärt Stolzenberg. Für die Entscheidung sind viele Faktoren ausschlaggebend: die Bereitschaft, in Krisengebiete zu gehen, Sprachkenntnisse und familiäre Verhältnisse.

Ein Foto bringt den Wendepunkt

Auch auf besondere Bedürfnisse geht das Auswärtige Amt ein: in Stolzenbergs Fall eine Gehbehinderung, seit einem Unfall ist der 41-Jährige unvollständig querschnittsgelähmt. Heißt: Das Rückenmark wurde nicht komplett durchtrennt. Er kann mithilfe von Krücken laufen, trotzdem ist Barrierefreiheit in seinem Alltag von großer Bedeutung.

„In meiner Vorstellung musste ein Diplomat rennen und notfalls in einen Helikopter springen können“, erinnert sich der studierte Filmwissenschaftler und Philosoph. Deshalb verfolgt er den Wunsch, Diplomat zu werden, zunächst nicht weiter und arbeitet stattdessen anderswo am Puls des Zeitgeschehens, unter anderem für das Bundesinnenministerium. Doch dann der Wendepunkt: Zufällig entdeckt er ein Foto, auf dem ein Diplomat im elektrischen Rollstuhl zu sehen ist. „Da wurde mir klar, dass meine körperliche Verfassung eigentlich keine allzu große Rolle spielen dürfte.“

Stolzenberg schafft Tatsachen: Er bewirbt sich beim Auswärtigen Amt – und bekommt eine Einladung zum Auswahlverfahren. Sprachtests, Wissenstest, Rollenspiele: Die Bewerber*innen werden auf Herz und Nieren geprüft. Vor allem kognitive und soziale Fähigkeiten sind entscheidend, um Deutschland in der Welt zu vertreten. Der damals 38-Jährige meistert den Test, 2020 beginnt er die Ausbildung an der Akademie Auswärtiger Dienst in Berlin. Dort lernt er alles, was er später braucht. Vorerst ist er jedoch nur zwei Wochen vor Ort, dann wird die Akademie am Tegeler See wegen der Pandemie geschlossen. Auch beim Auswärtigen Amt gibt es Corona-Jahrgänge.

Die Welt als Arbeitsplatz

Nach der Ausbildung fungieren Diplomat*innen – so beschreibt Stolzenberg seine Tätigkeit – als Scharniere, die Deutschland mit der Welt und die Welt mit Deutschland verbinden. Stets über die Lage vor Ort informiert sein, sich mit Menschen aus sämtlichen Bereichen der Gesellschaft vernetzen, internationale Konferenzen vorbereiten, all das ist nur ein Bruchteil der möglichen Aufgaben. Routine gibt es aufgrund der Postenrotation nicht.

Aber die Postenrotation hat auch einen Preis: Im Privatleben geht sie oft mit Kompromissen und Abstrichen einher, obgleich das Auswärtige Amt auch Arbeiten in Teilzeit und Sabbaticals ermöglicht. „Die ehrliche Antwort ist: Der Job ist fordernd“, betont der Diplomat. Die Frage, welcher Dienstort zur aktuellen Lebenssituation passt, sei in Familie und Partnerschaft immer ein Thema. „Aber die ehrliche Antwort ist auch: Für mich ist es der schönste Job, den es gibt.“

Was genau Stolzenberg antreibt? „Ich möchte dafür arbeiten, dass die Welt eine bessere, sicherere und gesündere wird“, sagt er. „Dass ich mit Behinderung als Diplomat arbeite, ist auch ein Zeichen dafür, wofür Deutschland als Land auch in seiner Außenpolitik steht: den Wert jedes Einzelnen, die Achtung der Menschenrechte.“

Text: Christoph Dierking

FAQ: Diplomat*in werden

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

Für die Laufbahn im höheren Dienst ist ein Masterabschluss beziehungsweise ein gleichwertiger Abschluss erforderlich, außerdem sehr gute Englisch- und Französischkenntnisse. Wer noch kein Französisch beherrscht, kann die Sprache im Auswahlverfahren durch Arabisch, Bosnisch, Chinesisch, Farsi, Japanisch, Koreanisch, Kroatisch, Polnisch, Russisch, Serbisch, Spanisch oder Türkisch ersetzen. Vor Beginn des Vorbereitungsdiensts sind jedoch in jedem Fall Grundlagenkenntnisse der französischen Sprache nachzuweisen.

Grundsätzlich müssen Bewerber*innen Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sein, eine Sicherheitsüberprüfung bestehen und eine widerstandsfähige Gesundheit mitbringen („Tropentauglichkeit“). Was für die Verbeamtung erforderlich ist, beantwortet #staatklar im FAQ zum Beamtenverhältnis.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Der Vorbereitungsdienst an der Akademie Auswärtiger Dienst dauert ein Jahr.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Im Vorbereitungsdienst steht alles auf dem Lehrplan, was später von Bedeutung ist: Sprachen, Rechtsgrundlagen, Geschichte, Politik, darüber hinaus Personalführung, interkulturelle Kompetenz und Krisenmanagement, nicht zuletzt Verhandlungs- und Medientraining.

Wo findet die Ausbildung statt?

Die Akademie Auswärtiger Dienst befindet sich in Berlin.

Was verdiene ich?

Diplomat*innen werden zum Einstieg in die Besoldungsgruppe A13 (Bund) eingruppiert. Die aktuellen Besoldungstabellen veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion. Hinzu kommen Auslandszuschläge, deren Höhe sich nach dem Einsatzort richtet.

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Ausgebildete Diplomat*innen arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen, beispielweise Entwicklungspolitik, Kultur, Protokoll und Öffentlichkeitsarbeit. Manche übernehmen Personalverantwortung, manche klettern die Karriereleiter hinauf und werden Botschafter*innen oder Generalkonsul*in.

Wo finde ich weitere Informationen?

Das Auswärtige Amt hat Informationen zum Bewerbungsverfahren, Berufsbild und Vorbereitungsdienst in einem Dossier zusammengestellt.