Quarterlife Crisis
Sinnkrise und Zukunftsängste – was hilft?
Corona-Nachwehen, Krieg in Europa, Sorgen um die berufliche, finanzielle und wirtschaftliche Zukunft, Klimawandel – junge Menschen plagen gerade vielfältige Zukunftsängste. Zehn Tipps gegen die Sinnkrise.
Unsicherheit, Orientierungslosigkeit, Zukunftsängste und/oder finanzielle Sorgen plagen viele junge Menschen gegen Ende ihres ersten Lebensviertels - für einige wird daraus sogar eine Krise, die Expert*innen als „Quarterlife Crisis“ bezeichnen. Isolation während der Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel und die rasante Inflation, verbunden mit einer für diese Generation bislang so nicht erlebten Flut negativer Nachrichten, haben die Zahl der Betroffenen in den vergangenen Jahren signifikant steigen lassen.
Die Nachfrage nach Beratung werde seit Jahren immer höher, berichtete etwa Rüdiger Görlitz, Leiter des Beratungsdienstes am Studentenwerk Erlangen-Nürnberg der „tagesschau“. Auch wenn nach zwei Corona-Jahren Lehrveranstaltungen wieder in Präsenz stattfinden und Kontaktverbote aufgehoben worden sind, merke man noch immer die Nachwirkungen der Corona-Beschränkungen. Wer unmittelbar vor einer Krise stand, bei dem wurde durch Corona das Stresslevel stark erhöht, zusätzlich waren die Ressourcen zur Stressbewältigung wie sozialer Austausch, sportliche Aktivitäten, Freizeitgestaltung durch die Pandemie enorm eingeschränkt. Immer wieder werde in den Beratungen deutlich, dass Betroffene unter einer Quarterlife Crisis leiden, einer Lebens- und Sinnkrise in der Endphase des ersten Lebensviertels im Alter zwischen 21 und 29. Plötzlich werde alles infrage gestellt – „wie soll es weitergehen, wo gehöre ich hin, mache ich hier eigentlich das Richtige? Es kommen Gedanken auf wie: Wofür soll ich mich anstrengen, wenn doch die Zukunft so ungewiss ist?“
In Hamburg warten psychisch Erkrankte im Schnitt 142 Tage auf einen Therapieplatz, erzählte Heike Peper, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer der Hansestadt, im Interview mit der „Welt am Sonntag“, insbesondere für Kinder und Jugendliche gebe es nicht ausreichend Plätze. Vor allem Depressionen und Ängste, aber auch Essstörungen, Zwangsstörungen und erhöhter Medienkonsum hätten vor allem während und nach der Corona-Pandemie zugenommen. Die Psychotherapeutenkammer Hamburg fordert angesichts dieser Entwicklung, dass sowohl präventive und niedrigschwellige psychosoziale Angebote ausgebaut als auch zusätzliche psychotherapeutische Behandlungskapazitäten geschaffen werden. Doch bis dieser Ausbau Wirkung zeigt, telefonieren Hilfe Suchende mitunter wochenlang Praxen ab, der Bundespsychotherapeutenkammer zufolge dauert es durchschnittlich 142,4 Tage vom obligatorischen Erstgespräch bis zum Therapiebeginn. Und so müssen sich viele den Weg raus aus der „Quarterlife Krise“ zunächst selbst suchen.
Raus aus der Krise – 7 Tipps
#staatklar hat 7 Expert*innen-Tipps, die einigen möglicherweise schon weiterhelfen.
Entspannung
Akzeptiere den Krisenzustand, es ist vollkommen okay, nicht jeden Tag wie ein Gute-Laune-Flummi durch die Decke zu gehen! Betrachte die ruhige Phase als Chance für persönliches Wachstum und Weiterentwicklung. Nimm Dir Zeit, in Dich hineinzuhören und herauszufinden, was Du wirklich willst, was Dir guttut. Schau einmal nach geeigneten Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen – da gibt es zahlreiche ganz einfache Anleitungen mit großer Wirkung.
Mut
Nur Mut! Mut ist das Zutrauen zu uns selbst. Es ist eine Fähigkeit, die man erlernen kann. Halte Dir vor Augen, was das aus dem Altgermanischen stammende „Muod“ bedeutet: Leidenschaft! Entschlossenheit! Sag leidenschaftlich „Ja!“ zu Dir, sei entschlossen, Deine Zukunft in Deine Hände zu nehmen! Hör auf Dein Bauchgefühl, vertrau Dir selbst und hab Mut zur Veränderung!
Unterstützung
Sprich mit Anderen über Deine Zweifel, Ängste und Sorgen. Du wirst Dich wundern, wie vielen es genauso geht wie Dir! Hol Dir Unterstützung von Freunden und Familie. Und wenn Du denkst, dass Du professionelle Hilfe brauchst, zögere nicht, sondern mach Dich auf den Weg!
Selbstliebe und -fürsorge
Erlaube Dir, den eigenen Wünschen nachzukommen, nicht denen anderer! Vergleiche Dich nicht mit anderen, denn Du bist Du! Stell keine zu hohen Erwartungen an Dich selbst, setz Dich nicht unter Druck, denn Du bist gut und schon weit gekommen. Und Du wirst Deinen Weg auch weitergehen, wie so viele andere vor Dir auch schon. Halte Dir vor Augen, was du schon alles vollbracht hast, stärke Dein Selbstbewusstsein und tue Dir Gutes.
Bewegung
Bewegung, Sport, halfen wunderbar, um Druck abzubauen und ganz im Hier und Jetzt zu sein, sich zu spüren. Einen Schritt vor den anderen zu setzen, Wiederholungen zu zählen, ist wie eine Meditation gegen Hilflosigkeit und Grübeln. Los geht’s!
Natur
Wechsel die Perspektive. Geh im Wald „baden“, „schwimm“ durch Wiesen und Felder, genieß die Natur mit all Deinen Sinnen. Warum? Das erdet Dich. Zeigt Dir, dass Du ein wunderbarer Teil dieses großen Ganzen bist.
Digital Detox
Die 24/7-Nachrichtenflut, die gefilterten Realitäten der sozialen Netzwerke, all die Influencer und YouTuber, die Dir ultimative Wahrheiten und Lösungen verkaufen wollen und Dich nonstop zu Vergleichen mit dem vermeintlich perfekten Leben anderer verleiten, befeuern das permanente Infragestellen Deiner selbst. Das musst Du Dir nicht geben. Du verpasst nämlich rein gar nichts. Dosiere in Krisenzeiten Deinen Medienkonsum, verzichte einfach mal eine Zeit lang ganz auf „Social Media“ – Du wirst Dich wundern, wie ruhig und schön die Welt auf einmal sein kann.