• Lokführer*in werden? Ausbildung, Gehalt, Karriere: Der Job-Kompass von #staatklar liefert den Überblick.
    Claudio Albrecht ist Lokführer und seit 2014 auf der Schiene unterwegs. Foto: JENS RUESSMANN

Jobkompass: der Lokführer

Mit launigen Durchsagen durch Berlin und Brandenburg

Alltag auf der Schiene – vielen Menschen ist gar nicht bewusst, was der Beruf des Lokführers alles beinhaltet.

„Zugführer“, wie manche Leute sagen, sei er nicht, die gibt es bei der Polizei und Feuerwehr. „Ich bin Lokführer!“, erklärt Claudio Albrecht. Darüber hinaus kursiert eine Reihe von weiteren Vorurteilen, die niemand in der Branche gerne hört: „Wir sind keine Knöpfe-Drücker und keine Aus-dem-Fenstergucker. Immerhin transportieren wir täglich tausende Fahrgäste und müssen innerhalb von Sekunden, wenn nicht sogar Millisekunden entscheiden, wie wir mit ungeplanten Situationen umgehen.“ Mit dem Job gehe eine immense Verantwortung einher.

Den Job macht Albrecht inzwischen seit 2014. Aktuell steuert er Züge des Regionalverkehrs und ist meistens auf Strecken im Großraum Berlin-Brandenburg unterwegs, unter anderem zwischen Oranienburg und Potsdam. „Im Prinzip gab es bei mir nach der Schule drei Berufe, die mich interessiert haben“, erzählt der 29-Jährige. „Erzieher, Busfahrer und eben Lokführer. Aber Lokführer war eigentlich immer mein Kindheitstraum.“ Deshalb habe er sich letztlich bei der Bahn beworben – und das mit Erfolg.

Der Tag startet in Henningsdorf

Wenn Albrecht der Erste ist, der morgens mit einem Zug startet, beginnt sein Arbeitstag am Bahnhof in Henningsdorf bei Berlin. Bevor es losgeht, finden diverse technische Prüfungen statt: Bremsen, Sicherheitseinrichtungen, Türen. Ist alles in Ordnung, startet die Zugfahrt. Manchmal sind zu Reinigungs- und Wartungszwecken auch Leerfahrten zwischen Henningsdorf und Lichtenberg erforderlich.

„Lokführer arbeiten im unregelmäßigen Schichtdienst“, erklärt Albrecht. Entsprechend sind die Arbeitszeiten sehr unterschiedlich, sie richten sich unter anderem nach dem Fahrplan. Wenn sein Arbeitstag nachmittags beginnt, übernimmt er den Zug direkt am Gleis von einem Kollegen oder einer Kollegin. Zwischen den Schichten gibt es eine definierte Ruhezeit. Freizuhaben, wenn andere arbeiten, kann ein Vorteil sein; so lassen sich Stoßzeiten meiden, im Supermarkt und im Straßenverkehr.

Wer keinen Fahrschein hat, möge bitte schon einmal den Personalausweis bereithalten! Eine Durchsage des Lokführers

Sonne, Regen, Schnee, Nebel: Der Blick auf die Schienen ist täglich anders. Und abhängig von den Wetterverhältnissen ist auch jeder Bahnhof anders. Beispiel: Im Herbst liegen oft Blätter auf den Schienenköpfen – das hat Auswirkungen auf den Bremsweg. „Es ist schon faszinierend, wenn man gelernt hat, für so ein tonnenschweres Gefährt ein Gefühl zu entwickeln und bei unterschiedlichen Bedingungen punktgenau bremsen kann“, sagt Albrecht. Technisches Interesse und Verständnis sei von großer Bedeutung. „Wer große Massen bewegt, muss verstehen, was genau passiert.“

Gefahren aus dem Nichts

Außerhalb der Bahnhöfe rauscht die Natur am Führerstand vorbei. Doch selbst in landwirtschaftlicher Idylle können von einem Moment auf den nächsten Gefahrensituationen entstehen. Sei es durch Vegetation, Tiere oder Gegenstände – „neulich lag ein Fahrrad im Gleisbett“, erzählt der Lokführer. Wird es unter dem Triebzug mitgeschleift, entsteht schlimmstenfalls großer Schaden an der Technik, denn bei einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Kilometer pro Stunde wirken enorme Kräfte.

Auch Personen im Gleis kommen vor. Etwa Jugendliche, die Mutproben machen. Albrecht hat bisher keinen Personenunfall erlebt, sich aber in Ausbildung und im Gespräch mit Betroffenen mit dem Szenario beschäftigt. „Manche stecken so etwas gut weg, andere fallen länger aus, das ist von Person zu Person unterschiedlich.“ Statistisch erleben nahezu alle Lokführer*innen in ihrem Berufsleben mindestens einen Schienensuizid. „Nach einem Vorfall ist eine psychologische Betreuung auf hohem Niveau gewährleistet.“

Wenn Fahrgäste zur Anekdote werden

Im Regionalverkehr hat Albrecht viel Kontakt mit den Fahrgästen. An den Bahnsteigen ist er für die Zugbeobachtung zuständig und steht entsprechend oft am Fenster des Triebwagens. Durchsagen gehören im Regionalverkehr zur Jobbeschreibung, der Lokführer spickt sie gerne mit Ironie: „Sehr geehrte Fahrgäste, meine Kollegin startet jetzt mit der Fahrkartenkontrolle. Wer keinen Fahrschein hat, möge bitte schon einmal den Personalausweis bereithalten.“ Oder bei Fahrtende: „Achten Sie darauf, Ihre Wertgegenstände mitzunehmen, wir haben bereits viele Smartphones auf der Dienststelle und wissen gar nicht mehr wohin.“ Von den unmittelbaren Reaktionen der Fahrgäste bekommt er im Führerstand nichts mit. „Schön ist natürlich immer, wenn die Leute ans Fenster kommen und sich für Lacher bedanken.“

Und ja, es gebe auch Fahrgäste, die förmlich danach schreien, zur Anekdote zu werden, berichtet Albrecht mit einem Augenzwinkern. „Einmal hat jemand einen Kollegen nicht einsteigen lassen, obwohl er klar als Lokführer erkennbar war“ – mit dem Argument, dass der Zug zu voll sei. Der Kollege habe sich daraufhin demonstrativ in die Sonne gesetzt. Und der Fahrgast sich lautstark beschwert, dass es nicht weitergeht. „Tja, wenn Sie mich nicht reinlassen …“ – kurze Pause, schließlich die Erkenntnis: „Ach so, Sie sind der Lokführer …“ Prompt war der Weg zum Führerstand frei.

Text: Christoph Dierking

FAQ: Lokführer*in werden

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

In der Regel verlangen die Ausbildungsbetriebe mindestens einen Hauptschulabschluss. Außerdem gilt es, einen Einstellungstest zu bestehen, bei dem unter anderem die psychologische Eignung geprüft wird. Auch ein Quereinstieg ist möglich.

Wie lange dauert die Ausbildung?

In der Regel dauert die Ausbildung in Vollzeit drei Jahre, der Quereinstieg neun bis 14 Monate.

Wo findet die Ausbildung statt?

Größter Arbeitgeber für Lokführer*innen ist die Bahn. Aber auch diverse private und regionale Eisenbahnverkehrsunternehmen in ganz Deutschland bilden aus.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Die Technik im Fahrzeug und auf dem Schienennetz, Regelwerke und Gesetze für den Eisenbahnverkehr, Bremswege – all das steht auf dem Ausbildungsplan.

Was verdiene ich?

Das Einstiegsgehalt richtet sich nach dem gültigen Tarifvertrag. Es beträgt etwa 3.000 Euro brutto (Stand 2023).

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Lokführer*innen arbeiten im Regional- und Fernverkehr, außerdem im Güterverkehr. Wer sich weiterentwickeln möchte, kann sich zur Meister*in für Bahnverkehr weiterbilden und als Disponent*in arbeiten. Und wer die Voraussetzungen erfüllt, kann einen dualen Studiengang absolvieren, etwa Bahningenieurwesen, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik oder Betriebswirtschaftslehre.

Wo finde ich weitere Informationen?

Weitere Informationen gibt es bei der Bahn, aber auch bei privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen, wie beispielsweise Erixx, der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) oder Metronom.