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Jobkompass: der Veranstaltungstechniker

Unsichtbarkeit erwünscht!

Was die Veranstaltungstechnik macht, fällt dem Publikum nur auf, wenn sie es falsch macht. Ganz entscheidend ist das richtige Timing.

Die Oper Aida, das Ende dramatisch, das Orchester spielt, exakt auf dem letzten Schlag muss der Vorhang geschlossen sein – dafür ist an diesem Abend in der Semperoper Dresden Jakob verantwortlich. „Es hat perfekt geklappt, ich habe selbst richtig Gänsehaut bekommen“, erinnert er sich. „Das war so ein Moment, an dem ich gemerkt habe, wie sehr mich Oper und klassische Musik berühren.“

Nach Feierabend macht sich der damalige Auszubildende auf den Heimweg, noch immer ergriffen vom Zauber der Aufführung. Er kommt an einem Biergarten vorbei, in dem Après-Ski läuft, die Leute grölen, dass ihre Puffmutter Layla heißt. „Da musste ich lachen, weil der Moment so skurril war. Volles Kontrastprogramm!“

Jakob Flach hat an der Sächsischen Staatsoper Dresden die Ausbildung zum Veranstaltungstechniker absolviert, wurde nach erfolgreicher Prüfung übernommen und arbeitet aktuell als Bühnenmaschinist. Er bedient Drehscheiben, Podien, Vorhänge und Flugwerke, kurzum: alles, was auf der Bühne maschinell betrieben wird. „Aber in der Veranstaltungstechnik gibt es noch extrem viele andere Optionen“, sagt der 24-Jährige. Als Beispiele nennt er Licht und Ton, außerdem Videoinstallationen und Pyrotechnik. Und im Theater kommt es durchaus vor, dass Nischenwissen gefragt ist: Bei einer Inszenierung war ein Aufzug Teil des Bühnenbildes. Prompt musste sich der Bühnenmaschinist zum Aufzugwärter weiterbilden. Möglicherweise wird das Wissen auch mal außerhalb des Theaters nützlich: „Theoretisch kann ich jetzt in ganz Deutschland Menschen aus steckengebliebenen Aufzügen befreien.“

Teil von großen Produktionen sein

In der Schulzeit stehen Theaterbesuche an. Schon damals interessiert sich der gebürtige Dresdener eher für das, was technisch hinter der Bühne passiert. So sehr, dass er sein Schülerpraktikum im Theater macht. „Das hat mir gut gefallen“, erzählt Jakob. „Aber in der Oberstufe war ich dann trotzdem ein bisschen unsicher, wie es weitergehen soll.“ Studium? Eine Ausbildung zum Mechatroniker? Oder etwas Kaufmännisches?

Der Abiturient kommt zu dem Schluss, dass ihm das, was viele Menschen als solide Basis ansehen, nicht zusagt. Ihn reizt der Gedanke, Teil von großen Produktionen zu sein, und dabei sein technisches und handwerkliches Interesse auszuleben. „Veranstaltungstechniker arbeiten auch bei Konzerten und auf Messen. Aber die Theaterwelt hat mich am meisten fasziniert.“ Es folgen Bewerbungen, bei der Semperoper Dresden klappt’s.

Was schwer ist, hat Vorfahrt. Wenn etwas von oben hinuntergelassen wird, ertönt eine laute Warnhupe. Auf der Bühne herrscht oft auch außerhalb von Proben und Aufführungen reger Betrieb. Eine Tätigkeit, die immer wieder vorkommt: schwarzen Samt, bemalte Prospekte, Tülls und Folien an Zugstangen befestigen, die letztlich Anfang und Ende der Kulisse formen, über welche die Darsteller*innen diskret von der Bühne verschwinden oder aus dem Nichts auftauchen können. „Die Dekorationsteile haben ein Gurtband, das wir mit Schleifen an die Zugstangen binden“, erklärt Jakob und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Man bindet sehr viele Schleifen, wenn es nicht gerade etwas Technisches zu erledigen gibt. Insgesamt habe ich in den letzten fünf Jahren bestimmt schon eine fünfstellige Zahl gebunden“ – und das sehr akkurat, denn sonst fällt alles wieder herunter. Das Publikum würde sehen, dass etwas nicht stimmt. Generell gilt: „Alles, was wir machen, sieht man im Idealfall nicht. Man sieht es nur, wenn wir etwas falsch machen.“

Die technische Choreografie einzustudieren

Einer Premiere gehen zahlreiche Proben voraus. Dabei geht es nicht nur darum, die künstlerischen Abläufe einzustudieren, sondern auch die technischen. „Am Anfang gibt es einen groben Plan, den wir immer weiter verfeinern“, berichtet der Bühnenmaschinist, der sich stets eng mit der Regie abstimmt.

Muss sich die Drehscheibe, mit deren Hilfe sich Bühnenbilder schnell wechseln oder Effekte erzielen lassen, schneller drehen? Soll das eine Kulissenelement auf der rechten Seite doch etwas tiefer hinunterfahren? Oder der Protagonist, der mit einem Sicherheitsgurt am Flugwerk hängt, noch etwas langsamer durch die Luft schweben? Alles kein Problem. Jakob programmiert alle Fahrten – so heißen die Bewegungen der Maschinen im Fachjargon – ins System ein. Am Ende steht die technische Choreografie, in der Vorstellung müssen die Bühnenmaschinisten sie lediglich abrufen. „Aber wir haben jederzeit die volle Kontrolle“ – vor allem für die Darsteller*innen, die durch die Luft schweben sollen, ein beruhigender Gedanke.

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Wenn der Vorhang fällt, das Orchester verstummt und die Lichter erlöschen, geht das Publikum nach Hause – die Arbeit hinter der Bühne hingegen noch weiter. Am Folgetag stehen oft Proben für ein anderes Stück an, das ein anderes Bühnenbild erfordert. Für Jakob gehört die Arbeit bis in die späten Abendstunden und an Wochenenden dazu, die Leidenschaft treibt ihn an. „Kultur zu schaffen, das ist schon ziemlich cool“, sagt er. „Viele wären überrascht, wenn sie wüssten, wie schnell wir die Bühne verwandeln können.“ Details möchte er allerdings nicht verraten. Auch hier ist Unsichtbarkeit erwünscht, damit der Theaterzauber erhalten bleibt.

Text: Christoph Dierking

FAQ: Veranstaltungstechniker*in werden

Welche Voraussetzungen muss ich für die Ausbildung mitbringen?

Formal ist in der Regel ein Realschulabschluss erforderlich.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Die Ausbildung dauert drei Jahre.

Wo findet die Ausbildung statt?

Die Theorie lernen die Auszubildenden in der Berufsschule, die Praxis im Ausbildungsbetrieb.

Mögliche Ausbildungsbetriebe sind Agenturen, die Veranstaltungen organisieren, Messe- sowie Kongressveranstalter, Kultureinrichtungen oder auch Betriebe in der Filmbranche.

Was sind zentrale Ausbildungsinhalte?

Auf dem Lehrplan stehen unter anderem Elektrotechnik, Sicherheitsvorkehrungen, Statik, außerdem Licht, Akustik und Dokumentation.

Was verdiene ich?

Wie viel ausgelernte Veranstaltungstechniker*innen verdienen, lässt sich schwierig verallgemeinern, da es sehr viele unterschiedliche Arbeitgebende gibt.

Veranstaltungstechniker*innen mit erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung steigen im öffentlichen Kulturbetrieb in der Regel mit der Entgeltgruppe 5 (TV-L) ein, hinzu kommt gegebenenfalls eine Theaterzulage.

Die aktuellen Entgelttabellen veröffentlicht der dbb beamtenbund und tarifunion.

Welche Karrierechancen bieten sich mir nach der Ausbildung?

Viele Veranstaltungstechniker*innen spezialisieren sich, beispielsweise auf Licht, Ton oder Video. Es besteht die Option, einen Meister zu machen, sich in Lehrgängen weiterzubilden und in Betrieben Führungspositionen zu übernehmen.

Wo finde ich weitere Informationen?

Weitere Informationen gibt es bei allen Betrieben, die Veranstaltungstechniker*innen ausbilden, bei der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG) und bei der Bundesagentur für Arbeit.

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