Anzeige

Fußball-EMJUNGE POLIZEI: „Wir stehen vor einer Mammutaufgabe“

Während Fans von einem neuen Sommermärchen träumen, blickt die JUNGE POLIZEI mit Skepsis auf die EM. Dabei ist die Personalsituation nur eine von vielen Herausforderungen.

Vom 14. Juni bis zum 14. Juli rollt in Deutschland der Ball: Die Veranstalter erwarten bis zu zwölf Millionen Menschen auf den Fanmeilen und bis zu 2,7 Millionen Gäste in den Stadien. Laut Bundesregierung soll die Europameisterschaft ein „Heimspiel für Europa“ werden und von dem Turnier „ein nachhaltiges Signal für Sportgroßveranstaltungen in Deutschland“ ausgehen. Maßgeblich für das Gelingen ist die Sicherheit der Fans. Und diese zu gewährleisten, ist alles andere als einfach.

Auswirkungen der geopolitischen Spannungen, wie etwa die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Islamismus und Terrorismus – „die innere Sicherheit war noch nie so gefährdet wie aktuell“, sagt William Bobach, Bundesjugendleiter der JUNGEN POLIZEI. „Wir stehen vor einer Mammutaufgabe. Die Europameisterschaft wird ohne Zweifel eine arbeitsintensive und fordernde Zeit für alle Kolleginnen und Kollegen.“

Mit allem rechnen

Mögliche Gefahren lassen sich aus polizeilicher Sicht nie abschließend vorhersehen, erklärt der Gewerkschafter. Der Messerangriff in Mannheim, bei dem ein junger Beamter starb, habe erneut gezeigt, dass vor allem auch Einzeltäter immensen Schaden anrichten können. „Wir müssen mit allem rechnen und auf viele Szenarien vorbereitet sein.“

Als zentrale Herausforderungen nennt die JUNGE POLIZEI folgende Faktoren:

Hohes Besucheraufkommen. Insbesondere an Bahnhöfen, Flughäfen und an den Grenzen ist mit einer Vielzahl von Menschen zu rechnen, natürlich auch in Stadien und Stadtzentren. Grundsätzlich gilt: Je mehr Menschen, desto schwieriger ist es, potenzielle Gefahren zu identifizieren und Einsätze zu überblicken. Hinzu kommt: Die Europameisterschaft zieht nicht nur Fans an, sondern auch Kriminelle, darunter Taschendiebe und Trickbetrüger.

Allgemeine Verkehrslage. Großveranstaltungen bilden einen Schwerpunkt für verkehrspolizeiliche Arbeit. Dazu gehört die Aufnahme von Unfällen sowie die Kontrolle von Verkehrsteilnehmenden und Fahrzeugen. Auch Autokorsos von feiernden Fans können ein Risiko für die Verkehrssicherheit darstellen.

Mehr grenzüberschreitender Verkehr. Damit steigt vor allem das Risiko der Einreise gewaltbereiter Fans. Die JUNGE POLIZEI bezweifelt, dass stichpunktartige und temporäre stationäre Grenzkontrollen ausreichen, um die Einreise zu verhindern.

Hooligans. Gewalttätige Fans kommen nicht nur von außerhalb – Gruppen, die körperliche Auseinandersetzungen suchen, sind bei sportlichen Großveranstaltungen nicht unüblich.

Alkohol- und Betäubungsmittel. Durch den Konsum sinkt die Hemmschwelle zur Begehung von Straftaten. Hierin sehen die jungen Polizeigewerkschafter mit Blick auf die Europameisterschaft eine besonders große Herausforderung.

Status Quo nicht zufriedenstellend

Für die Ausstattung ihrer Polizei sind jeweils die 16 Länder und der Bund zuständig. „Die Dienstherren müssen für die bestmögliche Ausstattung sorgen, damit wir Lagen wie die Europameisterschaft bewältigen können“, sagt Nils Gäbel, stellvertretender Bundesjugendleiter.

Cassandra Poll, ebenfalls Mitglied der Bundesjugendleitung, kritisiert die Personalsituation scharf: „Selbst die optimale Ausstattung nützt wenig, wenn es keine Beamtinnen und Beamten gibt, die sie tragen und nutzen. Für Großlagen brauchen wir dringend mehr Leute.“ Mit Blick auf die EM haben manche Dienstherren für die Polizei Urlaubssperren verhängt, unter anderem der Bund und Nordrhein-Westfalen.

Mehr entdecken: JUNGE POLIZEI setzt Zeichen gegen schlechte Einsatzversorgung

Während der Europameisterschaft verrichten vor allem Bereitschaftspolizist*innen ihren Dienst jenseits des eigenen Wohnorts. Meist sei die Unterbringung laut Gewerkschaft zufriedenstellend, die Einsatzverpflegung hingegen problematisch, da sie oft nicht ausreiche oder nur wenig nahrhaft sei. Ein extremes Negativbeispiel: In der vergangenen Silvesternacht war der bereitgestellte Proviant für die Berliner Polizei teils verschimmelt.

Intensive Nachbereitung erwartet

„Ganz entscheidend ist, dass wir den Einsatz nach der EM genau analysieren, um für zukünftige Großveranstaltungen zu lernen“, sagt William Bobach. „Weiterhin erwarten wir eine schnelle und gerechte Vergütung der geleisteten Arbeitsstunden.“

Angesichts der Mehrarbeit ist es für Fußballfans innerhalb der Polizei schwierig, an der Fankultur teilzuhaben. Bobach: „Ich hoffe, dass alle trotz der Umstände auch die schönen Seiten der Europameisterschaft miterleben und vielleicht sogar genießen können.“

zurück