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    Für die dbb jugend ist die europäische Sozialpolitik von zentraler Bedeutung. Foto: dbb/Jan Brenner

Europawahl 2024

Diese Forderungen richtet die dbb jugend an die Europapolitik

Als Interessenvertretung für junge Menschen im öffentlichen Dienst steht die dbb jugend regelmäßig im Austausch mit EU-Abgeordneten. Was aus Sicht der jungen Gewerkschafter*innen anzupacken ist.

Nicht nur in Deutschland erstarken politische Kräfte, welche die europäische Einigung infrage stellen. Oft gehen damit antidemokratische Tendenzen, Antisemitismus und Rassismus einher. „Dem setzen wir ein demokratisches Europa, Toleranz und Weltoffenheit entgegen“, sagt Julia Mayer, Sprecherin der AG Europa der dbb jugend. „Diese Werte sollten eigentlich selbstverständlich sein. Ich finde es erschreckend, dass wir in der öffentlichen Debatte tagtäglich für sie werben müssen.“

Für die dbb jugend ist die europäische Sozialpolitik von zentraler Bedeutung. Das beinhaltet politische Ziele, die ganz verschiedene Dimensionen berühren.

Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen, Perspektiven schaffen

Spanien verzeichnete im Januar 2024 in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen eine Arbeitslosenquote von 28,6 Prozent und damit die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Das geht aus einer Erhebung von Statista hervor. Darauf folgen Portugal, Schweden und Griechenland. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote in den EU-Mitgliedstaaten betrug 14,9 Prozent. In Deutschland ist Jugendarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich ein geringes Problem – die Quote: 5,7 Prozent.

Ein erklärtes Ziel der EU ist es, die Jugendarbeitslosigkeit einzudämmen. Alle, die unter 30 Jahre alt sind und keine Arbeit haben, sollen innerhalb von vier Monaten ein konkretes und hochwertiges Angebot für eine Arbeitsstelle, einen Ausbildungsplatz, ein Praktikum oder eine Fortbildung erhalten. Das sieht die sogenannte europäische Jugendgarantie vor. „Wir müssen die Bemühungen verstärken, dass die Garantieleistung auch wirklich bei allen Betroffenen ankommt“, kommentiert Julia Mayer. „Eine europäische Jugendarbeitsagentur könnte ein sinnvolles Instrument sein, um schnelle und vor allem unbürokratische Beratung und Vermittlung voranzutreiben.“

Weiterhin fordert die dbb jugend, mehr für die berufliche Mobilität junger Menschen zu tun. Dabei soll das Kooperationsnetzwerk EURES (EURopean Employment Services) eine Schlüsselrolle spielen. Die Anerkennung von Bildungsabschlüssen vorantreiben, ohne diese zu vereinheitlichen, und einen Arbeitsschutz schaffen, auf den europaweit Verlass ist – dafür machen sich die jungen Gewerkschafter*innen stark. Die Sprecherin der AG Europa resümiert: „Wenn wir die Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt fördern, schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir bekämpfen die Jugendarbeitslosigkeit und kompensieren den Fachkräftemangel in Mitgliedstaaten, die besonders unter dem demografischen Wandel leiden.“

Akademisierung entgegenwirken, alle Menschen mitnehmen

Die dbb jugend sieht die zunehmende Akademisierung des Arbeitsmarktes kritisch. Ihrer Ansicht nach müssen ausreichend Stellen für alle Bildungshintergründe vorhanden und die Zugangschancen gerecht sein. Mayer: „Wer aus der Uni kommt, sich über Jahre nur theoretisch mit seinem Fach beschäftigt hat, wird es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht haben. Es ist auch im Interesse der Arbeitgebenden, wenn wir der Akademisierung einen starken Praxisbezug entgegensetzen.“ Der öffentliche Dienst in Deutschland, der viele duale Studiengänge anbietet, trage dieser Forderung bereits Rechnung.

Gewerkschaften stärken, Rechte von Arbeitnehmenden sichern

Tarifverträge gewährleisten im Idealfall, dass die Entgelte zu den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Gegebenheiten passen. Dass die Arbeitsbedingungen stimmen. Kurzum: dass die Arbeitgebenden die Interessen der Arbeitnehmenden nicht aus dem Blick verlieren. Doch seit Jahren nimmt der gewerkschaftliche Organisationsgrad ab. „Der Abbau von Gewerkschaftsrechten führt zu einem Abbau der Rechte von Arbeitnehmenden“, betont Julia Mayer. Gerade die europäische Gewerkschaftsarbeit habe eine große Bedeutung, denn viele Probleme auf dem Arbeitsmarkt ließen sich nicht mehr national lösen.

Die Stärke von Europa ist, dass wir voneinander lernen können. Julia Mayer

Unter dem Dach der CESI Youth engagiert sich die dbb jugend für gewerkschaftliche Interessen auf europäischer Ebene. Ein starker öffentlicher Dienst in Europa, keine Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, eine vorsorgende Personalplanung in allen öffentlichen Diensten Europas, darüber hinaus unbefristete Arbeitsverhältnisse und angemessene Entlohnungen – all das soll die gewerkschaftliche Arbeit für ganz Europa sicherstellen.

Bürokratie abbauen, Digitalisierung vorantreiben

Was zukunftsfähige Arbeitsbedingungen betrifft, muss insbesondere der öffentliche Dienst in Deutschland noch viel lernen, unterstreicht die Sprecherin der AG Europa. „Skandinavien ist ein Vorbild. Klar, es lässt sich aufgrund des Föderalismus nicht alles eins zu eins übertragen. Aber die Stärke von Europa ist, dass wir voneinander lernen können.“

Konkret fordert die dbb jugend mehr Digitalisierung für alle EU-Mitgliedstaaten. Eine bessere Netzabdeckung, digitale Dienstleistungen für die Bürger*innen und Datensicherheit sind dabei zentrale Themen. „Die EU sollte mit einer eigenen Datensicherheitsstruktur vorangehen“, sagt Mayer. „Der Bereich ist viel zu wichtig, um auf eigene Standards zu verzichten.“

Schleuser bekämpfen, Korridore für Geflüchtete einrichten

Moralisch und politisch ist es die Verantwortung der Europäischen Union, Asylverfahren durchzuführen. Dabei handelt es sich um eine gesamteuropäische Aufgabe – das ist die feste Überzeugung der dbb jugend. „Die dbb jugend fordert eine faire und einheitliche Umsetzung des Asylverfahrens in Europa nach hohen europäischen Standards, wie in Deutschland praktiziert“, heißt es im Positionspapier zur Europapolitik. „Zur Vermeidung von erhöhtem Migrationsaufkommen fordert die dbb jugend die EU auf, zentral zugängliche Korridore für Geflüchtete einzurichten.“

Ferner befürworten die jungen Gewerkschafter*innen den Kampf gegen die Schleuserkriminalität. Ebenso seien die mit der Umsetzung der Asylverfahren betroffenen Institutionen dauerhaft mit den notwendigen Ressourcen auszustatten. Und nicht zuletzt heißt es im Positionspapier: „Die Entscheidungsfindung über Asylanträge muss in den starken und kompetenten Asylbehörden in Europa gebündelt werden. Ein paralleler Aufbau von Asylbehörden in jedem Mitgliedstaat hat sich nicht bewährt. Eine Verteilung der Asylbewerber sollte nach dem Modell des Königsteiner Schlüssels europaweit erfolgen.“

Nicht Innengrenzen kontrollieren, sondern Sicherheitsagenturen stärken

Die dbb jugend setzt sich dafür ein, die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zu verbessern. Dazu gehört unter anderem ein verlässlicher Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden. „Die Tendenz, dass manche Staaten an innereuropäischen Grenzen Kontrollen einführen, ist aus europäischer Sicht bedenklich“, sagt Julia Mayer. „Das widerspricht und gefährdet die europäische Idee.“ Es sei entscheidend, die Sicherheitsstrukturen so auszubauen, dass die Kontrollen an den Binnengrenzen überflüssig werden. „Die dbb jugend fordert die EU auf, die einschlägigen europäischen Sicherheitsagenturen wie Europol, Eurojust und Frontex mit den für die koordinierte Aufgabenbewältigung erforderlichen Instrumenten auszustatten.“

Text: cdi