• Junge Frau schwenkt eine kleine Europa-Flagge.
    Foto: Colourbox

Europäisches Jahr der Jugend

Beteiligung darf keine Eintagsfliege sein

Die Europäische Union (EU) will mehr Jugendbeteiligung. Deswegen hat sie 2022 zum „Europäischen Jahr der Jugend“ erklärt und war viel mit der und für die Jugend unterwegs. Jetzt wurde Bilanz gezogen.

Vom Online-Jugenddialog der Europa-Union Deutschland am 8. November 2022 berichtet hier für #staatklar Julia Mayer, die als Sprecherin der AG Europa der dbb jugend am Austausch mit Sakiye Boukari, Jugendvertreterin für Deutschland im EU-Jugenddialog des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR), Malte Gallée, jüngster deutscher Abgeordneter im Europäischen Parlament, und Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, teilnahm. Moderiert wurde das Webmeeting unter der Überschrift „Das Europäische Jahr der Jugend – Endlich Jugendpartizipation in der EU?“ von Clara Föller, Bundesvorsitzende der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschland.

Titel ohne Wirkung?

EU-Kommissionsvertreter Jörg Wojahn machte deutlich, dass das Europäische Jahr der Jugend nach der – insbesondere für die Jugend – schwierigen Corona-Zeit die jungen Menschen ganz gezielt in den Fokus rücken möchte – die EU-Jugendstrategie hätte hierfür eine tolle Vorlage geboten. Im Europäischen Jahr sei das Bewusstsein für Jugendbeteiligung gestärkt bzw. „gemainstreamt“ worden, so Wojahn. Die Kommission hat sich der Jugend als direkter Ansprechpartner präsentiert und war hierzu u.a. auf Festivals präsent. Ebenso wurde versucht, eine ausgeglichene Repräsentanz unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in den Beteiligungsverfahren herzustellen. Sakiye Boukari, die sich im Jahr der Jugend aktiv eingebracht hat, meinte jedoch, dass das Jahresmotto nicht im „mainstream“ angekommen sei. Auch der Bundestagsabgeordnete Malte Gallée hatte sich mehr erhofft, insbesondere, dass das Europäische Jahr der Jugend nicht nur als „Titel ohne Wirkung“ fungiert, sondern in diesem Zuge auch auf legislativer Ebene Fortschritte erzielt werden können.

Mit Blick auf die Absenkung des Wahlalters auf EU-Ebene auf 16 Jahre diskutierte das Panel diese Maßnahme zur Steigerung der Jugendbeteiligung. Gallée begrüßte die Änderung, da das politische Denken weit vor dem 18. Lebensjahr beginne. Kommissionsvertreter Wojahn ergänzte, dass die Wahlbeteiligung junger Menschen nicht bedeutete, dass diese progressiv wählten oder die Politikverdrossenheit größer werde, sondern, dass junge Themen stärker aufs politische Tableau geholt würden – EU-Staaten wie Österreich zeigten bereits die Chancen, die eine Herabsenkung des Wahlalters bietet.

Europapolitik: Bitte konkret statt abstrakt

Um junge Menschen besser zu beteiligen und insbesondere für die politischen Themen der Union zu gewinnen, ist es aus Sicht von Malte Gallée zentral, dass die sehr abstrakten EU-Themen und mitunter auch Titel von EU-Veranstaltungen auf konkrete, fassbare Fragestellungen heruntergebrochen und Themen behandelt werden, die einen direkten Einfluss auf das Leben der EU-Bürger haben. Darüber hinaus seien Austauschprogramme, nicht nur für den Erwerb von Sprachen, essentiell. Jörg Wojahn ergänzte, dass die Jugend zukünftig stärker mitgedacht werden solle. Die Kommission verfolge die erarbeiteten Vorschläge weiter, für die Realisation mancher Vorschläge bedürfe es jedoch einer Änderung der Verträge, welche seitens mancher Mitgliedstaaten (noch) blockiert werde.

Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates: „Wir dürfen nicht außer Acht lassen, wie sich die COVID-19-Krise auf die junge Generation ausgewirkt hat. Ich bewundere eure Widerstandsfähigkeit in diesen schwierigen Zeiten.“

Sakiye Boukari sprach sich für deutlich mehr junge Menschen in den europäischen Institutionen aus, sodass die Jugend nicht abgesondert von den Entscheidungsorten agiert, sondern in ihnen präsent ist. Daneben müsse stärker auf Bildung und Aufklärung über die EU in Schulen gesetzt werden. Wojahn fügte hinzu, dass neben einer Repräsentation bspw. im Europäischen Parlament auch jugendliches Engagement in zivilgesellschaftlichen Organisationen wichtig sei. Malte Gallée sieht auch die Jugend in der Pflicht zur Beteiligung und appellierte an die jungen Menschen, lautstark zu sein, auf die Straße zu gehen, sich einzubringen, einer Partei beizutreten und zu kandidieren – ohne Angst vor unverständlichen Begrifflichkeiten und Verfahren.

Ein Anfang, der keine Alltagsfliege werden darf

Jörg Wojahn kündigte an, dass die Kommission zukünftig systematisch Jugendliche zu Veranstaltungen und Briefings einladen sowie andererseits bei den Jugendlichen präsenter sein wolle – beispielsweise in den sozialen Netzwerken –, um vor allem aufzuzeigen, was die EU konkret für die jungen Menschen in Europa mache. Malte Gallée betonte, dass das Themenjahr ein Anfang gewesen sei, der großes Potenzial bietet, jedoch keine Eintagsfliege werden dürfe. Auch im nächsten Europäischen Jahr, das die Aus- und Weiterbildung fokussieren wird, habe die Jugend einen wichtigen Stellenwert, den es hervorzuheben gelte. Sakiye Boukari unterstrich, dass das Europäische Jahr als Initialzündung dienen sollte, um Jugendpartizipation zukünftig stärker ins Licht zu rücken und die Ergebnisse dieser Partizipationsprozesse transparent darzulegen.