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Polens EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2025 stand im Zeichen von Sicherheit und Reformkraft, resümiert die AG Europa der dbb jugend. Foto: ChatGPT
AG Europa So war die polnische Ratspräsidentschaft
Sicherheitspolitik hat während der polnischen Ratspräsidentschaft eine große Rolle gespielt – von Cyberschutz bis Ukrainehilfe. Nicht alle Entscheidungen blieben unumstritten.
„Security, Europe!“ – mit diesem Leitmotto hat Polen seine EU-Ratspräsidentschaft von Januar bis Juni 2025 ganz in den Dienst europäischer Sicherheit und Resilienz gestellt. Der Schwerpunkt lag dabei nicht nur auf militärischer Verteidigung, sondern umfasste insgesamt sieben Dimensionen der Sicherheit: geopolitische, wirtschaftliche, energiebezogene, lebensmittelbezogene, gesundheitliche, digitale und soziale Stabilität.
Sicherheit und Verteidigung: Strategische Aufrüstung und digitale Krisenvorsorge
Eines der wichtigsten Ergebnisse war die rasche Verabschiedung des sogenannten SAFE-Instruments – ein Verteidigungsfonds mit einem Volumen von 150 Milliarden Euro, der den Mitgliedstaaten helfen soll, ihre militärischen Kapazitäten zu modernisieren. Zudem setzte Polen auf die Stärkung der Cybersicherheit, unter anderem durch die Einführung eines EU-weiten Krisenplans zur digitalen Gefahrenabwehr. Auch die Sanktionspolitik gegenüber Russland wurde unter polnischer Leitung konsequent fortgesetzt und um weitere Maßnahmen erweitert.
Wirtschaftspolitik: Bürokratieabbau und Stärkung des Mittelstands
In wirtschaftspolitischer Hinsicht setzte Polen klare Impulse für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Mehrere sogenannte „Omnibus-Pakete“ wurden auf den Weg gebracht, um unnötige Bürokratie abzubauen und kleinen sowie mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zu Kapital zu erleichtern. Ein besonderer Durchbruch gelang mit der lange blockierten pharmazeutischen Reform, die nun den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln in der EU verbessern soll.
Energie- und Landwirtschaftspolitik: Unabhängigkeit stärken und faire Märkte sichern
Im Zuge der Energiepolitik trieb Polen die Umsetzung der RePower-EU-Initiative voran und forcierte den Ausbau von Energieunabhängigkeit – insbesondere gegenüber Russland. Zum Schutz der europäischen Landwirtschaft wurden zudem Maßnahmen gegen unfaire Importe wie russische und belarussische Düngemittel eingeführt. Ziel war es, die Stabilität der Versorgungsketten zu sichern und faire Wettbewerbsbedingungen für Landwirte zu gewährleisten.
Migrationspolitik: Außengrenzen sichern und Krisenmechanismen aufbauen
Ein zentraler Punkt der polnischen Präsidentschaft war die Sicherung der EU-Außengrenzen. Neue digitale Ein- und Ausreisesysteme wurden eingeführt und ein Krisenmechanismus für den Fall eines plötzlichen, starken Anstiegs der Migration beschlossen. An der polnisch-belarussischen Grenze verstärkte die EU ihre Sicherheitsmaßnahmen – unter anderem mit Drohnen, Patrouillen und einem verstärkten Zaunbau. Diese Maßnahmen wurden kontrovers diskutiert, unter anderem wegen möglicher Verletzungen des Asylrechts.
Erweiterungspolitik: Beitritte vorantreiben, Ukraine unterstützen
Polen nutzte seine Rolle auch, um die EU-Erweiterung politisch voranzubringen. Die Beitrittsgespräche mit Albanien und Montenegro trieb das Land spürbar voran. Besonders hervorzuheben ist Polens Einsatz für die Ukraine: Als logistisches Drehkreuz spielte es eine Schlüsselrolle bei der Lieferung von Ausrüstung und Hilfsgütern. Auch wenn Ungarn zuletzt einige Verzögerungen im Erweiterungsprozess verursachte, gelang es Polen, das Thema fest auf der Agenda zu halten.
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Bildung, Innovation und Imagepflege: Europas Zukunft mitgestalten und Vertrauen stärken
Mit der Kampagne „We Did It In Poland“ stellte das Land erfolgreiche polnische Start-ups und technologische Innovationen in den Vordergrund – als Zeichen eines modernen, wandlungsfähigen EU-Mitgliedstaats. In der Bildungs- und Kulturpolitik unterstützte Polen Projekte zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, etwa im Jugend-, Sport- und Hochschulbereich.
Fazit: Eine sicherheitsfokussierte, handlungsstarke Präsidentschaft mit klarem Reformwillen
Die polnische Ratspräsidentschaft war geprägt von einem klaren sicherheitspolitischen Kurs, einem hohen Reformtempo und einem sichtbaren Willen, europäische Zusammenarbeit voranzutreiben. Besonders in den Bereichen Verteidigung, Cybersicherheit und Erweiterungspolitik setzte Polen deutliche Akzente. Zugleich blieben einige migrationspolitische Maßnahmen umstritten. Insgesamt präsentierte sich Polen als verlässlicher, pragmatischer und handlungsorientierter Partner in einer von Krisen geprägten Zeit.
Anfang Juli 2025 hat Dänemark die Ratspräsidentschaft übernommen.
Text: Marc Westhöfer