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Mit dem neuen Wahlrecht zur Bundestagswahl wird die Höchstzahl der Abgeordneten auf 630 gedeckelt. Foto: dbb
Neues Wahlrecht zur Bundestagswahl Keine Überhangmandate mehr, dafür Zweitstimmendeckung
Was hat zur Änderung des Bundeswahlgesetzes geführt? #staatklar blickt zurück und erklärt, warum künftig die Zweitstimme ausschlaggebend ist.
Auf einen Blick:
1. Neues Wahlrecht: Was ändert sich?
2. Neues Wahlrecht ohne Überhang- und Ausgleichsmandate
3. Was ändert das neue Wahlrecht für die Wähler*innen?
Der 20. Deutsche Bundestag zählt mehr als 730 Abgeordnete – damit ist er laut Bundeszentrale für politische Bildung das größte demokratisch gewählte Parlament der Welt. Dabei galt lange eine Soll-Größe von 598 Abgeordneten.
Das hat Folgen: Erstens verursacht ein großes Parlament Mehrkosten, welche die Staatskasse belasten. Zweitens steigt der Abstimmungsbedarf, was die Effektivität der parlamentarischen Arbeit schmälert. Und drittens platzt der Plenarsaal – schlicht und ergreifend – aus allen Nähten. Vor diesem Hintergrund hat die Ampel-Regierung ein neues Wahlrecht beschlossen.
1. Neues Wahlrecht: Was ändert sich?
Wesentlicher Bestandteil der Reform ist, dass künftig die Zweitstimme den Ausschlag dafür gibt, mit wie vielen Mandaten eine Partei im Bundestag vertreten ist.
Mit der Zweitstimme wählen die Stimmberechtigten die Liste einer Partei. Daraus ergibt sich, wie viele Sitze einer Partei bundesweit zustehen.
Mit der Erststimme entscheiden sich die Wähler*innen für einen Kandidaten beziehungsweise eine Kandidatin aus ihrem Wahlkreis. Die daraus resultierenden Direktmandate haben Vorrang vor den Listenplätzen. Trotzdem kann es passieren, dass nicht alle, die ein Direktmandat gewinnen, auch in den Bundestag einziehen.
Warum das so ist? Grund dafür ist die sogenannte Zweitstimmendeckung, ein zentraler Bestandteil des neuen Wahlrechts zur Bundestagswahl. Sie besagt, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin nur in den Bundestag einzieht, wenn das Direktmandat durch die erhaltenen Zweitstimmen gedeckt ist, erklärt die Bundeswahlleiterin auf ihrer Website.
Heißt: Wenn eine Partei in einem Bundesland 40 Direktmandate holt, ihr aber auf Grundlage des Zweitstimmenergebnisses nur 35 Mandate zustehen, sind fünf Kandidat*innen nicht im Bundestag vertreten – nämlich die fünf, die im Vergleich das schlechteste Erststimmenergebnis erzielt haben.
2. Neues Wahlrecht ohne Überhang- und Ausgleichsmandate
Bei den vergangenen Wahlen war es noch so, dass alle sicher im Bundestag vertreten waren, die einen Wahlkreis gewonnen hatten. Wenn eine Partei mehr Direktmandate erzielte, als ihr gemäß Zweitstimmenergebnis zustanden, erhielten die Gewinner*innen aus den Wahlkreisen sogenannte Überhangmandate. Um den „Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl“ – so formulierte es das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2012 – beizubehalten, erhielten die anderen Parteien sogenannte Ausgleichsmandate. Dies führte zum massiven Anstieg der Abgeordnetenzahl und machte die Wahlreform erforderlich.
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Die Wahlrechtsreform der Ampel sah im Übrigen eine weitere Änderung vor, doch diese hat das Bundesverfassungsgericht gekippt. Ursprünglich sollte die sogenannte Grundmandatsklausel wegfallen. Diese ermöglicht es Parteien, die weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten und damit unter der Sperrklausel liegen, trotzdem in den Bundestag einzuziehen – allerdings unter der Voraussetzung, dass sie mindestens drei Direktmandate gewinnen. Das Gericht urteilte: Die Fünf-Prozent-Hürde ist ohne Grundmandatsklausel nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
3. Was ändert das neue Wahlrecht für die Wähler*innen?
In der Praxis nichts – doch Tatsache ist: Je stärker das Zweitstimmenergebnis einer Partei, desto höher die Chance, dass ihre Wahlkreiskandidat*innen auch in den Bundestag einziehen.
Wer sich entscheidet, seine Erststimme einer Kandidatin von Partei B zu geben, aber aus taktischen Gründen seine Zweitstimme an Partei C vergibt, könnte seine Erststimme verschenken, wenn Partei B nicht ausreichend Zweitstimmen erhält. Deshalb kann es sinnvoll sein, auf das Stimmen-Splitting zu verzichten.
Redaktion: cdi