BrandenburgAlles, was du über die Landtagswahl wissen musst
Am Sonntag, 22. September, setzen die Wahlberechtigten in Brandenburg ihre Kreuze. #staatklar liefert Informationen zu aktuellen Umfragen, möglichen Knackpunkten und Besonderheiten.
Auf einen Blick:
2. Wer sind die Spitzenkandidat*innen?
4. Wie lauten aktuelle Umfrageergebnisse?
5. Welche Fragen sind zentral?
1. Was ist die Ausgangslage?
In Brandenburg regiert eine Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen. Ministerpräsident ist Dietmar Woidke (SPD). Die Opposition bilden AfD und Linkspartei sowie die Freien Wähler. Die FDP ist nicht im brandenburgischen Landtag vertreten. Die stärksten Fraktionen bilden mit deutlichem Abstand die SPD und AfD.
Regierung: SPD (25 Mandate), CDU (15 Mandate), Grüne (10)
Opposition: AfD (24), Linke (10) Freie Wähler (4)
2. Wer sind die Spitzenkandidat*innen?
- SPD: Dietmar Woidke
- CDU: Jan Redmann
- Grüne: Antje Töpfer und Benjamin Raschke
- AfD: Hans-Christoph Berndt
- Linke: Sebastian Walter
- Freie Wähler: Péter Vida
- BSW: Robert Crumbach
- FDP: Zyon Braun
3. Wie lauten die Ergebnisse der Landtagswahlen 2019 und die Landesergebnisse der vergangenen Europa- und Kommunalwahl?
- SPD: 26,2 Prozent (Europa: 13,1 Prozent; Kommunal: 16,6 Prozent)
- CDU: 15,6 Prozent (Europa: 18,4 Prozent; Kommunal: 19,3 Prozent)
- Grüne: 10,8 Prozent (Europa: 6,0 Prozent; Kommunal: 6,7 Prozent)
- AfD: 23,5 Prozent (Europa: 27,5 Prozent, Kommunal: 25,7 Prozent)
- Linke: 10,7 Prozent (Europa: 4,4 Prozent; Kommunal: 7,8 Prozent)
- Freie Wähler: 5,05 Prozent (Europa: 2,1 Prozent; Kommunal: 7,4 Prozent)
- FDP: 4,1 Prozent (Europa: 3,2 Prozent; Kommunal: 3,2 Prozent)
- BSW: - (Europa: 13,8 Prozent)
4. Wie lauten aktuelle Umfrageergebnisse?
Die aktuellen Umfragen von ARD (12.09.2024) und ZDF (13.09.2024) sehen die AfD vorn (ARD: 27 Prozent; ZDF: 29 Prozent) – dicht gefolgt von der SPD (beide 26 Prozent). Die CDU liegt deutlich dahinter auf dem dritten Platz (ARD: 16 Prozent; ZDF: 15 Prozent). Das BSW kommt auf 13 Prozent (ARD) bzw. 14 Prozent (ZDF).
Fraglich ist, ob die Grünen – aktuell Teil der Landesregierung – den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Die ARD sieht die Partei bei 4,5 Prozent, das ZDF bei 5 Prozent. Um den Wiedereinzug bangt auch die Linke (ARD: 4 Prozent, ZDF 3 Prozent). Die Freien Wähler spielen ebenfalls kaum noch eine Rolle – mit prognostizierten 4,5 Prozent (ARD) bzw. 3 Prozent (ZDF) sieht es aktuell nicht nach Wiedereinzug aus. Keine Rolle spielt die FDP in den Umfragen, sie wird unter „Sonstige“ gefasst.
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Während es vor einigen Wochen noch nach einem Rennen zwischen SPD und CDU um Platz 2 (und damit vermutlich die Ministerpräsidenten-Frage) ging, scheint es nun eher darum zu gehen, ob die SPD es schafft, die AfD zu überholen. Wenn die SPD als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorgeht, wäre das nicht nur ein symbolischer Erfolg – es würde wohl auch dem Bundeskanzler den Rücken stärken.
Umfragen stellen generell eine Momentaufnahme dar und sind mit Unsicherheiten verbunden, zeigen jedoch Tendenzen in der Regel zuverlässig auf.
5. Welche Fragen sind zentral?
Wie verhält sich das BSW?
Die Partei von Sahra Wagenknecht ist auch nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen eine Blackbox, das Personal ist weitgehend unbekannt. Dennoch könnte das BSW in Brandenburg in eine entscheidende Position kommen. Entweder, indem es eine Koalition eingeht oder eine Minderheitsregierung toleriert.
Auch in Brandenburg hat das BSW vor allem mit dem Gesicht Sahra Wagenknechts geworben und bundespolitische Themen in den Vordergrund gestellt. Was in Sachsen und Thüringen funktioniert hat, zeigt offenbar mit Blick auf die aktuellen Umfragen ebenfalls in Brandenburg Wirkung.
Es stellt sich die Frage, ob SPD und/oder CDU mit dem BSW koalieren würden. Das könnte durchaus ein Faktor für stabile Mehrheiten werden. Vor allem, wenn die bisher an der Regierung beteiligten Grünen den Einzug in den Landtag verpassen. In Sachsen und Thüringen scheinen sich CDU und BSW zuletzt anzunähern, endgültige Aussagen lassen sich aber bisher nicht treffen. Ob die Beteiligten vor den Landtagswahlen in Brandenburg noch Entscheidungen treffen, ist fraglich.
Eine Koalition mit AfD-Beteiligung gilt als unwahrscheinlich. Zuletzt hatte das BSW Einladungen zu Gesprächen mit der AfD in Thüringen abgelehnt.
Was würde ein Wahlsieg der AfD bedeuten?
Es ist unwahrscheinlich, dass die AfD den Ministerpräsidenten stellt oder mitregiert. Keine der infrage kommenden Parteien möchte mich ihnen koalieren.
Problematisch könnte eine Verfassungsbesonderheit des Landes Brandenburg sein: Brandenburgs Landtag soll sich laut Landeswahlgesetz aus mindestens 88 Abgeordneten zusammensetzen, maximal jedoch 110. Diese Zahl ergibt sich aus den 44 Wahlkreisen, in denen über die Erststimme Abgeordnete direkt bestimmt werden. Ebenso viele Sitze im Landtag werden über die Landeslisten der Parteien verteilt. Am Ende soll die Zusammensetzung des Parlaments das Wahlergebnis bei den Zweitstimmen widerspiegeln. Direktmandate sind aber immer sicher. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate, als das Zweitstimmen-Ergebnis vorgibt, bekommen die anderen Parteien entsprechende Ausgleichs- bzw. Überhangmandate, bis das Verhältnis stimmt.
Durch die im Landeswahlgesetz auf maximal 110 Abgeordnete festgelegte Größe des Landtags darf allerdings nur bis zu dieser Zahl ausgeglichen werden – danach ist Schluss. Orientiert man sich an den Ergebnissen der Europawahl, könnte die AfD bis zu 40 direkt gewählte Abgeordnete bekommen. Um dies auszugleichen, müsste der Landtag auf 133 Sitze wachsen. Aber das wäre verfassungswidrig.
Das könnte zur Folge haben, dass die AfD stärker im Parlament vertreten wäre, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis zusteht. Schlimmstenfalls könnte ein Drittel der Abgeordneten von der AfD sein. Natürlich wären dann Wahlprüfungsbeschwerden wahrscheinlich, aber bis ein Gericht das Wahlgesetz kippt, wäre Brandenburg in Teilen unregierbar, da alle anderen Parteien die Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen haben.
Welche Koalition ist möglich?
Auch wenn den Grünen der Wiedereinzug in den Landtag gelingt, ist eine Mehrheit für die aktuell regierende Kenia-Koalition nicht garantiert. Möglicherweise wäre eine Minderheitsregierung unter Duldung des BSW möglich; wie wahrscheinlich das ist, lässt sich nicht vorhersagen.
Auch die Wahrscheinlichkeit einer Koalition aus SPD, CDU und BSW lässt sich nicht vorherbestimmen. Unwahrscheinlich ist eine Koalition aus AfD und BSW.
Wer wird Ministerpräsident*in?
Geht die SPD als Wahlsieger aus der Landtagswahl hervor, wird der nächste Ministerpräsident wohl der alte sein – Dietmar Woidke.
Sollte die AfD den Wahlsieg einfahren, hat dieser allerdings angekündigt, nicht mehr als Ministerpräsident zur Verfügung zu stehen. Aussichtsreiche Nachfolgerin wäre die aktuelle Finanzministerin und Woidkes Stellvertreterin in der Landes-SPD, Katrin Lange. Diese ist aufgrund ihrer teilweise polternden Ausdrucksweise aber nicht unumstritten. Das könnte der aktuellen Wissenschaftsministerin Manja Schüle helfen, auch sie wird als mögliche Woidke-Nachfolgerin gehandelt. Und ein dritter Name fällt auch immer wieder: Daniel Keller – der aktuelle SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag. Hier könnte also nach der Wahl ein kleiner bis mittelschwerer Machtkampf bevorstehen.
Platzt die Ampel-Koalition in Berlin nach den Landtagswahlen?
Auch die Brandenburger Landtagswahlen scheinen zumindest für zwei von drei Ampel-Parteien keine Erfolgsgeschichte zu werden: Sowohl die Grünen als auch die FDP bangen um den Wiedereinzug. Das schwächt natürlich auch die Koalition auf Bundesebene weiter.
In der SPD könnte mit einem Wahlsieg wieder etwas Ruhe einkehren; das könnte dem Bundeskanzler zumindest eine Atempause verschaffen.
Dennoch wäre der Bruch der Koalition und anschließende Neuwahlen für keine der drei Beteiligten von Vorteil. Stattdessen werden sie wohl weitermachen und auf einen Stimmungsschwung bis zur Bundestagswahl 2025 hoffen.
Redaktion: Viktoria Matzen