• Umgekippter Weihnachtsbaum im Wohnzimmer
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Weihnachtsgeld im öffentlichen Dienst

Schöne Bescherung? Nicht für alle

Nicht allen Beschäftigten hilft das so genannte „Weihnachtsgeld“ in der aktuellen Hochpreisphase – einen Anspruch auf die Sonderzahlung haben nur rund 86 Prozent der Beschäftigten, im Bereich Öffentliche Verwaltung sind es sogar weniger als 70 Prozent. 

Teure Lebensmittel, explodierende Energiekosten, Weihnachten: Gerade zum Ende des herausfordernden Jahres 2022 müssen viele jeden Cent zweimal umdrehen. Da sind zusätzliche Einnahmen sehr willkommen.

Vorteil Tarifvertrag

Wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) ausweist, haben 85,7 Prozent der Arbeitnehmenden in Deutschland einen tariflichen Anspruch auf Sonderzahlungen zum Jahresende. Im Schnitt bekommen sie 2.747 Euro. Somit zahlt sich die Beschäftigung dort, wo Tarifverträge gelten, grundsätzlich aus: Insbesondere Arbeitnehmende, die nach Tarifverträgen bezahlt werden, können sich weitgehend darauf verlassen, im November oder Dezember ein „Weihnachtsgeld“ zu bekommen. Für den öffentlichen Dienst gilt diese Regel trotz bestehender Tarifverträge allerdings nur eingeschränkt – die Lage ist differenziert, um nicht zu sagen kompliziert.

Höchstes Weihnachtsgeld: Erdöl- und Erdgas-Branche

In den meisten Wirtschaftsabschnitten, zum Beispiel „Energieversorgung“ und „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“, erhalten mehr als 95 Prozent der Tarifbeschäftigten ein tarifliches Weihnachtsgeld. Dagegen haben in den Branchen „Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“, „Information und Kommunikation“ und „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ weniger als 70 Prozent Anspruch auf eine Sonderzahlung zum Jahresende. 

Auch die Höhe des tariflich vereinbarten Weihnachtsgelds fällt in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich aus. Überdurchschnittliches Weihnachtsgeld bekommen 2022 beispielsweise die Beschäftigten in den Bereichen „Gewinnung von Erdöl und Erdgas“ (5.504 Euro) und „Kokerei und Mineralölverarbeitung“ (5.450 Euro). Nah am Durchschnitt liegt das Weihnachtsgeld etwa im Bereich „Herstellung von Bekleidung“ (2.748 Euro). Das niedrigste Weihnachtsgeld erhalten die Tarifbeschäftigten im Bereich „Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften“ (327 Euro).

Öffentlicher Dienst: Flickenteppich an Regelungen

„Im öffentlichen Dienst haben sich die Konditionen für die Sonderzahlungen, also Weihnachts- und auch Urlaubsgeld, sowohl im Beamtenbereich als auch im Tarifbereich im Vergleich zu früher massiv verändert“, berichtet Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend. Von einem 13. und gar 14. Montagsgehalt könne nicht mehr die Rede sein, ebenso wenig von einer Gleichmäßigkeit der Zahlungen: „Einige bekommen Weihnachtsgeld und/oder Urlaubsgeld, andere gar nicht“, weiß Fandrejewski. Die Ursache liegt im Beamtenbereich in der Besoldungsdrift, die sich bei den Sonderzahlungen nach Öffnungsklauseln für Bund und Länder bereits seit 2003 und generell nach der Föderalismusreform und der Aufteilung der entsprechenden bis dato bundeseinheitlichen Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder im Jahr 2006 entwickelt hat. Im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes kommt es aufgrund der Aufspaltung der Arbeitgeberseite in Bund und Kommunen einerseits sowie die Länder und gesondert das Land Hessen andererseits zu unterschiedlichsten Regelungen in Sachen Sonderzahlung.

„Schon die Ursachenkunde für die unterschiedlichen Weihnachtsgeld-Zahlungen im öffentlichen Dienst ist intellektuelles Hochreck“, sagt der dbb jugend Chef. Der Flickenteppich der Auszahlungen „ist dann tatsächlich keinem normal denkenden Menschen mehr zu vermitteln – da schütteln insbesondere junge Menschen entgeistert den Kopf und das vollkommen zu Recht“, stellt Fandrejewski fest.

Beamtinnen und Beamte: Einmalzahlung zum Jahresende oder monatlich integriert

Im Beamtenbereich von Bund und Ländern (auch zuständig für die Kommunalbeamt*innen) haben sich zwei grundsätzliche Modi der Auszahlung des Weihnachtsgeldes etabliert: Entweder gibt es eine Einmalzahlung zum Ende des Jahres, überwiegend im Dezember, oder die Sonderzahlung wurde in die Grundbesoldung eingerechnet und geht mit der monatlichen Besoldung anteilig an die Bediensteten.

Anteilig in die monatliche Besoldung integriert wurde das Weihnachtsgeld für Beamt*innen und Anwärter*innen des Bundes, in Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen (fünf Prozent der monatlichen Dienstbezüge), Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Thüringen.

In Hamburg gibt es zusätzlich noch für jedes Kind, für das der Familienzuschlag gezahlt wird, 300 Euro, in Hessen einen monatlichen Sonderbeitrag von 2,13 Euro pro Kind. In Brandenburg wurde zur Abbildung der Sonderzahlung die Grundbesoldung um 21 Euro monatlich aufgestockt, die Anwärterbezüge um 10 Euro monatlich. Sachsen hat das Weihnachtsgeld für Beamt*innen ersatzlos gestrichen.

Bayern zahlt seinen Beamt*innen bis Besoldungsgruppe A 11 als Weihnachtsgeld 70 Prozent von einem Zwölftel der Jahresbezüge, in allen übrigen Besoldungsgruppen gibt es 65 Prozent. Anwärter*innen erhalten 70 Prozent sowie wie alle Beamt*innen bis Besoldungsgruppe A 8 einen zusätzlichen Erhöhungsbetrag von 8,33 Euro brutto pro Monat. Bei allen Beamt*innen und Anwärter*innen kommen bei der Auszahlung für familienzuschlagsberechtigte Kinder jeweils noch einmal 84,29 Prozent des Familienzuschlags sowie monatlich ein Sonderbetrag von 2,13 Euro pro Kind hinzu.

In Berlin gibt es für Beamt*innen der Besoldungsgruppen A5 – A9 1.550 Euro brutto weihnachtliche Sonderzahlung, in den übrigen Besoldungsgruppen werden 900 Euro brutto überwiesen. Beamt*innen im Vorbereitungsdienst bekommen 500 Euro brutto und alle Beamt*innen mit kindergeldberechtigten Kindern zusätzlich 50 Euro pro Kind.

Die Hansestadt Bremen gewährt ihren Beamt*innen der Besoldungsgruppen A4 – A8 840 Euro brutto Weihnachtsgeld, in den Besoldungsgruppen A9 – A11 gibt es 710 Euro brutto. Anwärter*innen erhalten in den Besoldungsgruppen A6 – A8 840 Euro brutto, von A 9 – A11 710 Euro brutto. Für familienzuschlagsberechtigte Kinder gibt es generell einen Sonderbetrag von 25,56 Euro brutto pro Kind.

In Mecklenburg-Vorpommern erhalten Beamt*innen bis Besoldungsgruppe A9 sowie Anwärter*innen 38,001 Prozent ihrer monatlichen Dienstbezüge als Weihnachtsgeld, Beamt*innen von A10 – A12 und C1 33,30 Prozent, alle übrigen 29,382 Prozent. Für Kinder kommt jeweils ein Sonderbetrag in Höhe von 25,56 Euro brutto dazu.

In Niedersachsen werden Beamt*innen in den Besoldungsgruppen A5 – A8 1.200 Euro brutto Weihnachtsgeld ausgezahlt, in den übrigen Besoldungsgruppen 500 Euro brutto, Anwärter erhalten 250 Euro brutto. Für das erste und zweite Kind gibt es zusätzlich einen Sonderbetrag von 250 Euro brutto, für das dritte und jedes weitere Kind 500 Euro brutto.

Sachsen-Anhalt zahlt seinen Beamt*innen Weihnachtsgeld in Höhe von drei Prozent des Grundgehalts, mindestens jedoch 600 Euro brutto in den Besoldungsgruppen A4 – A8, in den übrigen Besoldungsgruppen 400 Euro brutto und bei Anwärter*innen 200 Euro.

In Schleswig-Holstein gibt es 660 Euro brutto in den Besoldungsgruppen A2 – A10 und für Beamt*innen im Vorbereitungsdienst 330 Euro brutto sowie einen Sonderbetrag von 400 Euro brutto pro Kind.

Arbeitnehmende: Jahressonderzahlung je nach Tarifgebiet…

Die Arbeitnehmenden im öffentlichen Dienst bekommen Weihnachtsgeld – aber in unterschiedlicher Höhe, je nachdem, in welchem Tarifgebiet sie tätig sind. Berechnungsgrundlage ist in jedem Fall das im Juli, August und September durchschnittlich gezahlte Entgelt, ausgezahlt wird jeweils im November.

Für Bund und Kommunen gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Er sieht für die jeweilige Gebietskörperschaft gesonderte Weihnachtsgeld-Regelungen vor. Beim Bund gibt es für die Arbeitnehmenden in den Entgeltgruppen 1-8 90 Prozent der Berechnungsgrundlage als Jahressonderzahlung, in den Entgeltgruppen 9a-12 sind es 80 Prozent, in den Entgeltgruppen 13-15 60 Prozent.

Im Bereich der Kommunen gibt es gemäß TVöD – mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung – in diesem Jahr letztmalig ein Weihnachtsgeld West (84,51 Prozent EG 1-8; 70,28 Prozent EG 9a-12 und 51,78 Prozent EG 13-15) und ein Weihnachtsgeld Ost (81,51 Prozent EG 1-8; 70,28 Prozent EG 9a-12 und 51,78 Prozent EG 13-15) – ab 2023 sind dann auch hier die Sätze in allen Entgeltgruppen gleich.

Auszubildende bei Bund und Kommunen bekommen grundsätzlich 90 Prozent ihres November-Entgelts als Weihnachtsgeld on top, im Bereich Pflege bemessen sich diese 90 Prozent auf Grundlage des jeweils durchschnittlichen Azubi-Entgelts der Monate August bis Oktober.

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder außer Hessen (TV-L) sieht eine Weihnachtsgeld-Zahlung in Höhe von 87,43 Prozent für die Entgeltgruppen 1-4, 88,14 Prozent für EG 5-8, 74,35 Prozent für EG 9a-11, 46,47 Prozent für EG 12-13 und 32,53 Prozent für EG 14-15 des in den Monaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts vor. Auszubildende der Länder bekommen 95 Prozent ihres November-Entgelts on top als Jahressonderzahlung.

Das Land Hessen ist nicht Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), für den dortigen öffentlichen Dienst gilt ein gesonderter Tarifvertrag (TV-Hessen). Danach erhalten Arbeitnehmende der Entgeltgruppen 1-4 82,84 Prozent, EG 5-8 83,62 Prozent und EG 9a-15 55,78 Prozent Jahressonderzahlung. Für Auszubildende des Landes Hessen gibt es 95 Prozent ihres November-Entgelts als Weihnachtsgeld.

Engelsgeduld gefragt

„Schöne Bescherung – aber nicht für alle“, fasst dbb jugend Chef Matthäus Fandrejewski den Flickenteppich an Sonderzahlungs-Regelungen im öffentlichen Dienst zusammen. „Da ist schon eine Engelsgeduld gefragt, um herauszufinden ob und wenn ja wieviel Weihnachtsgeld man im öffentlichen Dienst bekommt. Ob das ein Attraktivitätsmerkmal ist, darf bezweifelt werden“, ist sich der junge Gewerkschafter sicher, wünscht aber „allen Kolleginnen und Kollegen trotzdem: Frohes Fest!“