Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Öffentlicher Dienst: Konzepte gegen Gewalt

Foto: Gefahrenzone Öffentlicher Dienst /dbb jugend nrw

Täglich passiert es: Öffentlich Bedienstete werden bedroht, beschimpft, bespuckt, geschlagen. Es trifft Rettungs- und Polizeikräfte, Sozialamtsmitarbeitende, Straßenwärterinnen und Straßenwärter, Beschäftigte im Finanzamt, Lehrerinnen und Lehrer. Einige verlieren sogar ihr Leben…

Das Thema „Gewalt im öffentlichen Dienst“ ist wahrlich nicht neu. Die dbb jugend, die die Interessen von mehr als 150.000 jungen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der privatisierten Bereiche vertritt, macht seit Jahren auf die zunehmenden Attacken gegen Staatsbedienstete aufmerksam. „Gewaltprävention und Arbeitsschutz der Mitarbeitenden ist im Jahrzehnt der Krisen wichtiger denn je, denn der öffentliche Dienst ist eine zentrale Säule und Krisenmanager. Werden seine Beschäftigten und damit er angegriffen, ist das ein Angriff auf uns alle und unsere Stabilität in Zeiten multipler Krisen – Pandemie, Hochwasserkatastrophen, Krieg auf europäischem Boden, Energiemangel und Inflation mit all den gesellschaftlichen Entwicklungen, Fragen der psychischen Belastung und der Resilienz – all das managt der öffentliche Dienst, wir brauchen ihn“, betont dbb jugend Vize Daria Abramov anlässlich des Welttags für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, der jährlich am 28. April an die Bedeutung sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen erinnert.

Schwerwiegende Folgen für betroffene Kolleginnen und Kollegen

So vielfältig die Aufgaben und die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst sind, so vielfältig zeigen sich auch die Bilder der Gewalt. Verrohung der Gesellschaft im Allgemeinen, die besondere Betroffenheit von Staatsbediensteten, keine bzw. unzureichende Schutzmaßnahmen und Sicherheitskonzepte, die Gefahr von physischen und psychischen Folgen bis hin zur Berufsunfähigkeit: Gründe für das Engagement für mehr Schutz und Sicherheit an Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst gibt es genug, wissen die jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. Abramov: „Wer Beschäftigte im öffentlichen Dienst angreift, der schädigt die Demokratie und damit uns alle! Daher bin ich sehr froh und dankbar, dass die dbb jugend dieses Thema mit der Einrichtung der Arbeitsgruppe Sicherheit nun langfristig und nachhaltig bearbeiten wird.“

Die dbb jugend rückt das Thema Gewalt am Arbeitsplatz auf nationaler Ebene mit der Gründung der AG und der intensiven Bearbeitung des Gewaltphänomens noch mehr in den Fokus. Beschäftigte, Führungskräfte und auch die Politik und Regierungsverantwortliche wollen die jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter sensibilisieren. Die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus jungen Beschäftigten verschiedenster Berufsgruppen, von Polizei und Justizvollzug über Lehramt bis hin zur Kommune sind vielseitige Tätigkeitsfelder abgedeckt. Die Mitglieder der AG haben sich gemeinschaftlich zum Ziel gesetzt, ressortübergreifend zu arbeiten und dabei die verschiedenen Berufe und deren spezifische Anforderungen in den Blick zu nehmen.

„Ganz konkret tragen wir das Lagebild zusammen, sichten und bewerten Studienergebnisse und Statistiken, auf deren Basis wir gemeinsam Handlungsbedarfe identifizieren sowie Änderungs- und Verbesserungsvorschläge erarbeiten, um uns damit für mehr Schutz und Sicherheit an den Arbeitsplätzen des öffentlichen Dienstes in ganz Deutschland stark zu machen“, erklärt Susanne Aumann, Vorsitzende der dbb jugend nrw und Mitglied der neuen AG Sicherheit. „Als wir unsere Kampagne ‚Gefahrenzone Öffentlicher Dienst‘ im Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen starteten, hätte niemand gedacht, dass wir heute noch genau wie damals an dieser Sache dran sind. Aber wir müssen es bleiben und diese Arbeit in der AG Sicherheit bundesweit fortsetzen“

Verrohung nicht erst seit der Corona-Pandemie

„Die AG Sicherheit kommt zur richtigen Zeit und ist wichtiger denn je“, unterstreicht Nicole Schorn, Sprecherin der AG Sicherheit. „Aussagen wie ‚Gewalt müsse man in dem Job ertragen‘ sind inakzeptabel. Hier beziehen wir klar Stellung und sagen Nein, das darf in unserer Gesellschaft nicht passieren! Der öffentliche Dienst darf vor allem nicht zur Zielscheibe werden. Mit unseren Forderungen setzen wir uns für bessere und vor allem sichere Rahmenbedingungen an den Arbeitsplätzen ein.“

Es sei festzuhalten, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst nicht erst seit der herausfordernden Corona-Pandemie mit zunehmender Respektlosigkeit, Verrohungstendenzen und einer steigenden Anzahl von Übergriffen konfrontiert sind, stellt die Arbeitsgruppe fest. Es handele sich mitnichten um Einzelfälle oder subjektive Wahrnehmungen, zudem sei die Dunkelziffer jüngsten Studien zufolge erschreckend hoch. Das zeigen die aktuellen Zahlen der zuletzt veröffentlichten Studienergebnisse: Jeder vierte Mitarbeitende wurde demnach bereits angegriffen, zeigte die Studie des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung (Speyer) 2022, die von dbb, DGB und Bundesinnenministerium in Auftrag gegeben worden war. Bestürzt zeigten sich die jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auch von dem Befund, dass 7 von 10 Vorfällen aufgrund von unterschiedlichen Herangehensweisen oder eklatantem Anzeigeverhalten der verschiedenen Behörden gar nicht erst gemeldet werden. Dies hat das Forschungsprojekt AMBOSafe herausgefunden, das von 2021 bis 2022 verbale und körperliche Angriffe auf Mitarbeitende von Berufsgruppen in helfender und normdurchsetzender Funktion untersuchte.

Nach einer umfassenden Analyse des aktuellen Lagebilds stellten die AG-Mitglieder vielschichtige Überlegungen zu Ursachen und Symptomen des Gewaltphänomens an, um hilfreiche Schutzmaßnahmen und Sicherheitskonzepte, Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit, gesetzliche Änderungsbedarfe und weiteren Forderungen zu identifizieren. Konkret wird nun intensiv an der Entwicklung eines Positionspapiers für „Mehr Schutz und Sicherheit an Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst“ gearbeitet, in dem es um Gewaltprävention, Reaktion und Strafverfolgung, aber auch um Nachsorge sowie Dokumentation geht. Darüber hinaus sind viele weitere Projekte und Aktionen für die Zukunft in der Pipeline – etwa ein Schulungsangebot, Öffentlichkeitsarbeit in Form von Werbemitteln und Informationsveranstaltungen für die Mitglieder der dbb jugend-Familie.

„Wir möchten einen bundesweiten Konsens darüber erreichen, dass es elementar wichtig ist, sich für die Beschäftigten sowie deren Schutz und Sicherheit am Arbeitsplatz einzusetzen, eine Null-Toleranz-Haltung auch nach außen zu tragen und sich verlässlich zu kümmern – denn das ist ein zentraler Baustein für einen zukunftsfähigen, sicheren öffentlichen Dienst“, macht die AG deutlich.