• Radfahrende Person auf einem grün markierten Radweg in einer Stadt
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Daseinsvorsorge

Junge Mobilität: weniger Auto, mehr ÖPNV

Mobilitätswende im Anmarsch: Die Generation Z will weniger Auto, mehr ÖPNV, Fahrrad und Shared Mobility. Um das Angebot zu befriedigen, ist die Daseinsvorsorge gefragt. Denn Mobilität ist gerade für junge Menschen viel mehr als bloß der Weg von A nach B.

„Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung für Inklusion, Selbstbestimmung, Emanzipation und Partizipation aller jungen Menschen. Die Möglichkeit, sich eigenständig fortbewegen zu können, und dabei über Anlass, Ort, Zeit und Verkehrsmittel selbst zu entscheiden, ist sowohl ein wichtiger Entwicklungsschritt als auch die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Alltagswege zur Schule, zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, Studium oder zu Freizeitaktivitäten, zum Treffen von Freund*innen und Familienmitgliedern sind hierbei ebenso von Bedeutung wie Reisen oder Wohnortwechsel.“

So steht es in einem aktuellen Positionspapier des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) zum Thema Mobilität. Stärker als für alle anderen Bevölkerungsgruppen ist Mobilität für Kinder und Jugendliche ein Schlüssel zu Bildung und neuen Erfahrungen. „Räumliche Mobilität ist die Voraussetzung für soziale Mobilität“, betont der DBJR. Denn ohne Fortbewegung gebe es auch keine gesellschaftliche Teilhabe und keinen sozialen Aufstieg.

Auslaufmodell Auto

Die junge Generation hat ziemlich klare Vorstellungen davon, wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll. Das eigene Auto ist ein Auslaufmodell, zumindest legt das eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey nahe. Ein Ergebnis: Menschen unter 30 Jahren streben immer weniger nach Autos.

Die McKinsey-Studie zeigt auf, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren verstärken dürfte. Die Forscher*innen haben 4.000 Menschen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien gefragt, wie sie sich heute fortbewegen und in Zukunft fortbewegen wollen. Dabei zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Generationen: 77 Prozent der über 45-Jährigen besitzen ein eigenes Auto. Bei den unter 30-Jährigen sind es nur 42 Prozent. Entsprechend höher liegt der Anteil der ÖPNV-Nutzer*innen in der jungen Altersgruppe: 20 Prozent gaben an, regelmäßig Bus und Bahn zu nutzen – bei den älteren waren es 9 Prozent.

Bemerkenswert: Die Generation Z – das sind alle, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind – strebt gar nicht mehr nach dem eigenen Auto. Nur 32 Prozent der Befragten unter 30 Jahren gaben an, in Zukunft mit dem eigenen Auto fahren zu wollen. 31 Prozent wollen das nicht.

Trend geht zum Kleinwagen

Und wenn es dann doch ein Auto sein soll, haben viele junge Menschen laut Studie nachhaltige Vorstellungen: 50 Prozent würden sich demnach für ein E-Auto entscheiden. Zudem sind Kleinwagen gefragter als große SUVs. Aber: Aus der Studie geht hervor, dass diese Ergebnisse nicht nur aus einem höheren Umweltbewusstsein resultieren. Auch praktische Erwägungen spielen eine Rolle. Die Menschen haben sich stärker daran gewöhnt, den öffentlichen Personennahverkehr, Fahrräder und E-Scooter zu nutzen. In den meisten Großstädten ist ein eigenes Auto heute oft eher hinderlich als hilfreich – Stichwort: Parkplatzproblematik. Hinzu kommt, dass sich die allermeisten Ziele zu Fuß, mit dem Fahrrad, Roller, Bus und Bahn erreichen lassen. 32 Prozent der jungen Befragten wollen laut Studie in Zukunft stärker auf Taxis, Car-Sharing oder Mobilitätsdienstleister wie „Uber“ und „FreeNow“ setzen.

Für die staatliche Daseinsvorsorge ergeben sich aus den aktuellen Erkenntnissen zur Mobilität der Zukunft eine Reihe von Aufgaben. Diese muss die Politik nun in Angriff nehmen – angefangen bei der Unterstützung und Förderung der entsprechenden Technologien. Entscheidend ist auch der Ausbau der Verkehrsnetze für Bus, Bahn, Radfahrende und Fußgänger, und das bundesweit vor allem im ländlichen Raum. Denn vor allem dort ist der ÖPNV noch immer nur mäßig vertreten. Auch Fahrdienste oder Carsharing-Angebote gibt es kaum. Die Folge: Das eigene Auto ist auf dem Land meist unverzichtbar, obwohl sich viele Menschen, vor allem jüngere, Alternativen wünschen.

Bahncard 100 für Jugend gefordert

„Immer wenn es darum geht, Mobilität zu organisieren, müssen junge Menschen strukturell beteiligt werden“, fordert der DBJR entschieden. Für ihn gehört Erreichbarkeit zur obligatorischen Daseinsvorsorge. Insgesamt gebe es im ländlichen Raum für den Nachwuchs viel zu wenige Möglichkeiten: Selbst Fußwege seien zum Teil nur schlecht ausgebaut, Radwege führten – sofern überhaupt vorhanden – an größeren Straßen entlang, seien unbeleuchtet und im Winter kaum befahrbar. Nicht zuletzt sei der ÖPNV relativ teuer. Deshalb fordert die Spitzenorganisation der Jugendverbände: eine Bahncard Jugend 100, kostenlosen ÖPNV für Schüler*innen und Ehrenamtliche, E-Bike-Leihstationen und einen flächendeckenden Ausbau der Netze.

„Viele Grund- und Menschenrechte würden ohne die Möglichkeit von Mobilität ins Leere laufen“, betont der DBJR. „Kinder und Jugendliche haben allerdings nicht die gleichen Rechte und Chancen, so mobil zu sein wie Erwachsene. Junge Menschen können sich – bis zu einem gewissen Alter – ihren Wohnort nicht selbst aussuchen. Oder sie haben nur einen geringen Einfluss auf die sozioökonomische Situation in ihrem Lebensumfeld und damit auf die Ausgaben, die für ihre Mobilität zur Verfügung stehen.“ Deshalb seien sie schlicht und ergreifend auf den ÖPNV, Fuß- oder Fahrradwege angewiesen.

Die Politik beziehe junge Menschen unterm Strich zu wenig in Entscheidungsprozesse ein, die Mobilität betreffen, unterstreicht der DBJR. Auch für Jugendliche, die sich ehrenamtlich engagieren, sei Mobilität zwingend notwendig. Um für all diese Bedarfe an eine ökologische, soziale, partizipative, gesunde, sichere, barrierefreie und ehrenamtsfreundliche Mobilität umzusetzen, fordert der Bundesjugendring, mehr Beteiligung für junge Menschen an Stadt- und Verkehrsplanung zu ermöglichen.