Jugend in DeutschlandTrendstudie: Generation Z will mehr Geld
Die Inflation bereitet vielen jungen Menschen Sorgen – damit wird das Gehalt ein immer wichtigerer Motivator im Job. Unternehmen müssen mit höheren Personalkosten rechnen.
Die Inflation, der Krieg in Europa und der Klimawandel, all das belastet junge Menschen – zu diesem Ergebnis kommt die Trendstudie „Jugend in Deutschland“, die seit 2020 in halbjährlicher Folge erscheint. Datengrundlage ist eine repräsentative Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 29 Jahren. Insgesamt haben die Herausgeber 1027 junge Menschen befragen lassen, im Zeitraum vom 4. bis 21. Oktober 2022.
Simon Schnetzer, Mitherausgeber der Trendstudie, ordnete die Ergebnisse in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ ein. „Die Sorge ums Klima ist unverändert, die anderen Sorgen hätten sich darübergelegt“, erklärte Schnetzer. Auch die Folgen von Corona seien weiter deutlich spürbar, bei einem Drittel der Befragten sogar sehr deutlich: Viele junge Menschen haben ihr Studium abgebrochen, den Job an den Nagel gehängt, die Schule abgebrochen, teils kommen sie nicht wieder in die Gänge. Die Folgen: Stress, Antriebslosigkeit und Erschöpfung. Rund ein Viertel der Heranwachsenden hat der Studie zufolge Depressionserfahrung, rund jeder Zehnte äußert Suizidgedanken. Und: Fast jeder fünfte Jugendliche hat laut Schnetzer Schulden – denn viele gäben Geld aus, das sie nicht haben. Manche Unternehmen befeuern diesen Trend, indem sie späteres Bezahlen ermöglichen oder zu naiven Investitionen auf Trading-Plattformen verleiten.
Gehalt wird wichtigster Motivator im Job
Akut hinzu kommen nun massive Inflationssorgen: 71 Prozent der Befragten nannten die Inflation auf die Frage nach ihren aktuellen Ängsten. Auf Platz zwei lag der Krieg in Europa (64 Prozent) vor dem Klimawandel (55 Prozent). Nie gekannte Teuerungsraten von über zehn Prozent belasten den Nachwuchs unmittelbar und führen zu materiellen Existenzängsten – Einkaufen wird teurer, die Energiekosten für Zimmer oder Wohnung steigen ebenso wie die Miete, die Preise von ÖPNV-Tickets und Freizeitaktivitäten.
Aufgrund dieser Entwicklung misst die junge Generation ihrem Einkommen derzeit einen sehr hohen Stellenwert bei, das Gehalt ist im Zuge der Inflation ein immer wichtigerer Motivator im Job geworden. Je jünger die Menschen sind, desto wichtiger ist ihnen Geld, belegen die aktuellen Studiendaten. Die Studienautoren fassen diese Entwicklung so zusammen: „Was wir hier beobachten, ist kein neuer Materialismus, sondern eine Form von Existenzialismus. Junge Menschen sehen ihrer finanziellen Zukunft mit großer Sorge entgegen, und um sich für die Zukunft abzusichern, benötigen sie Geld.“
Insgesamt manifestiert sich damit ein Trend, der sich schon in früheren Befragungen abgezeichnet hat. War das Einkommen schon zuvor der wichtigste Motivator junger Menschen, stieg die Bedeutung des Geldes noch einmal um drei Prozentpunkte. Vor allem die besonders jungen Vertreter*innen der Generation Z legen mehr Wert auf Geld: Gaben bei den Studierenden etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie Geld motiviere, waren es bei Schüler*innen und Auszubildenden sogar 64 beziehungsweise 63 Prozent. Auch mit Blick auf den Jobwechsel zeigt sich ein eindeutiger Trend: Argument Nr. 1 für einen Jobwechsel ist „mehr Geld“ (65 Prozent). Ein Drittel würde für eine bessere Work-Life-Balance wechseln, 30 Prozent für eine bessere Arbeitsplatzatmosphäre und 29 Prozent für bessere Aufstiegsmöglichkeiten. Unter den Schüler*innen gaben sogar 76 Prozent an, dass ein Jobwechsel für sie infrage kommt, wenn sie mehr verdienen.
Höhere Personalkosten für Unternehmen
„Für Arbeitgeber“, schreiben die Autoren in der Studie, „fällt das Fazit sehr ernüchternd aus, weil sich zu den steigenden Kosten in sämtlichen Bereichen nun auch für die Personalkosten erhebliche Mehrbelastungen abzeichnen“. Die jungen Menschen würden erkennen, „dass sie durch die Inflation für viele Dinge mehr bezahlen müssen, jedoch nicht mehr verdienen.“
Spannend ist die Frage, wie die Arbeitgebenden auf diese zusätzliche Herausforderung reagieren werden. Denn die Generation Z ist sich ihrer sehr vorteilhaften Position auf dem Arbeitsmarkt vollkommen bewusst; aufgrund des demografischen Wandels und schon heute dramatischen Fachkräftemangels hat sie eine ausgezeichnete Verhandlungsposition. Die gut qualifizierten Nachwuchskräfte können ihre Beschäftigungsbedingungen sehr effektiv in ihrem Sinne gestalten, da die Unternehmen schlicht und ergreifend auf sie angewiesen sind und im Wettbewerb um junge Talente stehen.
Fazit: Bislang ging es dem Nachwuchs vor allem um eine gute Vereinbarkeit, Work-Life-Balance und Sinnhaftigkeit im Job. Hinzu kommt nun auch noch der Bedeutungszuwachs des harten Faktors Gehalt, und da werden die Institutionen und Unternehmen gehörig drauflegen müssen, wenn sie die Inflation auch nur annährend ausgleichen und Nachwuchskräfte gewinnen wollen.