• Miniaturfrau und Minaturmann vor einzelnen Stapeln mit Geldmünzen. Die Frau sieht so aus als ginge sie resigniert weg.
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Equal PayUngerechtigkeit beim Einkommen hält sich hartnäckig

Traurig, aber wahr: Die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern – der Gender Pay Gap – ist weiterhin groß, wie verschiedene Studien „pünktlich“ zum diesjährigen Equal Pay Day am 7. März 2023 feststellen.

Frauen erhalten in Deutschland noch immer einen im Durchschnitt um 18 Prozent geringeren Stundenlohn als Männer. Der Gender Pay Gap, also die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, variiert jedoch stark mit dem Alter und nimmt ab der Phase der Familiengründung enorm zu.

Pay- und Care-Lücken entstehen vor allem mit Familiengründung

Wie eine aktuelle Analyse der Forschungsgruppe Gender Economics des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, gilt das auch mit Blick auf die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Sorgearbeit. Dazu zählen die Kinderbetreuung, Hausarbeit und Pflege von Angehörigen. Auch der Gender Care Gap schnellt im typischen Alter der Familiengründung nach oben und ist noch weitaus größer als beim Lohn. „Die Familiengründung ist sowohl für die Zeitverwendung als auch für die Lohnentwicklung vieler Frauen ein einschneidendes Ereignis“, resümiert Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics im DIW Berlin. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Clara Schäper und Annekatrin Schrenker hat Wrohlich Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) für die Jahre 2010 bis 2020 ausgewertet.

Frauen zahlen drauf – selbst, wenn die Kinder aus dem Haus sind

Demnach ist der Gender Gap in der Sorgearbeit bei den 20- bis 24-jährigen Erwerbstätigen mit 25 Prozent zwar auch schon beträchtlich, aber im Vergleich zu später noch klein. Bei den 35- bis 39-Jährigen steigt er dann sprunghaft an: Frauen leisten in dieser Altersspanne mehr als doppelt so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer, in erster Linie Kinderbetreuung. Das entspricht einem Gender Care Gap von 106 Prozent. Betrachtet man nicht nur Erwerbstätige, sondern alle Frauen und Männer, beträgt der Gender Care Gap in dieser Altersgruppe im Durchschnitt sogar 170 Prozent. Das entspricht fast neun Stunden Sorgearbeit pro Tag bei Frauen im Vergleich zu etwa drei Stunden bei Männern.

 

 

Background Equal Pay Day

Der „Equal Pay Day“, datiert auf den 7. März, gibt symbolisch an, bis zu welchem Tag im Jahr Frauen praktisch unbezahlt gearbeitet haben, obwohl sie die gleiche Arbeit wie Männer leisten, die ebenso wie sie bereits seit dem 1. Januar bezahlt werden.

Ab dem Alter von 40 Jahren nimmt der Gender Care Gap dann sukzessive wieder ab – im Gegensatz zu den Verdienstunterschieden, die konstant hoch bleiben. „Dafür, dass Frauen im Beruf für die Familie zurückstecken, zahlen sie mit Blick auf ihr Gehalt also auch dann noch, wenn die Kinder längst aus dem Haus sind“, sagt Co-Autorin Clara Schäper.

Deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland

In der Analyse zeigen sich zudem deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Die grundsätzlichen Tendenzen über den Lebensverlauf sind zwar in beiden Landesteilen ähnlich, doch insbesondere bei der Sorgearbeit im Alter der Familiengründung sind die Unterschiede beträchtlich: Während der Gender Care Cap in Ostdeutschland in dieser Altersspanne etwa 60 Prozent nicht übersteigt, liegt er in Westdeutschland mit fast 120 Prozent ungefähr doppelt so hoch. „Frauen kehren in Ostdeutschland oft früher in den Beruf zurück und arbeiten zudem häufiger in Vollzeit“, erklärt Schäper.

Anreize für gleichmäßige Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit

Wenn die Politik das Ziel der Chancengleichheit für Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt ernsthaft verfolgen wolle, müsse sie den Studienautorinnen zufolge vor allem mehr Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in Partnerschaften setzen. Eine Möglichkeit wäre, die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld zu erhöhen. Bisher müssen Väter nur zwei Monate Elternzeit nehmen, damit Eltern das Maximum von 14 Monaten Elterngeld in Anspruch nehmen können. Die Zahl der Partnermonate könne schrittweise auf bis zu sieben Monate angehoben werden.

Alternativ könne man die Lohnersatzrate so ausgestalten, dass der finanzielle Vorteil bei einer gleichmäßigen Aufteilung am größten ist. Auf die Agenda gehöre aber auch eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs, so Wrohlich: „Beides sorgt bisher dafür, dass es sich für viele Frauen nicht lohnt, in größerem Umfang erwerbstätig zu sein. Entsprechende Reformen hätten nicht nur wichtige gleichstellungspolitische Wirkungen, sondern könnten auch den Arbeitskräftemangel lindern.“

Frauen in vielen Branchen weiterhin benachteiligt

Einen genaueren Blick auf die Einkommensbenachteiligung von Frauen in den unterschiedlichen Branchen warf das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Ergebnis: In Branchen wie Güterverkehr, der Rechtsberatung und dem Gesundheitswesen werden Frauen weiterhin schlechter bezahlt als Männer. In 46 untersuchten Bereichen schlagen sich Frauen finanziell nur in einer Branche besser als ihre männlichen Kollegen: bei den Postdiensten.

Männer verdienten der Studie zufolge 2022 branchenübergreifend im Durchschnitt 24,36 Euro brutto pro Stunde, Frauen 20,05 Euro - eine Differenz von rund 18 Prozent. Die Differenz schwankte dabei je nach Branche von vier Prozent im Personen- und Güterverkehr bis zu 30 Prozent im Gesundheitswesen und sogar 32 Prozent in der Rechts- und Steuerberatung. Bei den Postdiensten war der Stundenlohn der Frauen mit 16,26 Euro zwei Prozent höher als der von Männern mit 15,93 Euro.

Weniger Frauen als Männer in Führungspositionen

Auch in Sachen Führungspositionen konnte die statistische Lücke zwischen Frauen und Männern noch nicht geschlossen werden: In 26 von 34 Branchen, für die dazu Daten vorlagen, arbeiten Frauen seltener in leitender Funktion als Männer. Besonders ausgeprägt ist die Ungleichheit den Studienautor*innen in dieser Hinsicht im Bereich Erziehung und Unterricht, wo 50 Prozent der Männer, aber nur 28 Prozent der Frauen eine Leitungsposition innehätten, heißt es in der Untersuchung. Der einzige Bereich, in dem Frauen die Nase vorn hätten, sei der Personen- und Güterverkehr. Minijobs sind dagegen überwiegend Frauensache.

Männer arbeiten deutlich häufiger als Frauen Vollzeit. Viele Bereiche der Wirtschaft - besonders in der Industrie - sind laut Studie nach wie vor Männerdomänen. Im Maschinenbau, dem Hoch- und Tiefbau sowie bei Bauinstallation und Ausbaugewerbe liegt der Frauenanteil bei nur 17 Prozent. In den Dienstleistungsbranchen ist der Anteil der Arbeitnehmerinnen dagegen generell höher. Drei Branchen sind sogar klar frauendominiert: Im Gesundheitswesen sind 80 Prozent der Beschäftigten weiblich, im Sozialwesen 76 Prozent, in Erziehung und Unterricht 72 Prozent – allesamt Bereiche, in denen die Gehälter grundsätzlich deutlich niedriger ausfallen, was ebenfalls wesentlich zum Gender Pay Gap beiträgt.

dbb jugend„fordert „größere Anstrengungen gegen den Gerechtigkeitsbruch“

Die dbb jugend, einer der größten gewerkschaftlichen Jugendverbände mit mehr als 150.000 Mitgliedern aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes und der privatisierten Bereiche, fordert „von Arbeitgebenden und Politik größere Anstrengungen gegen den Gerechtigkeitsbruch der Einkommensungleichheit“, so dbb jugend Vize Sandra Heisig, die auch Mitglied der dbb bundesfrauenvertretung ist. Wer Frauen nicht fair bezahle und in ihren Möglichkeiten des beruflichen Fortkommens einschränke, verkenne die existenziellen Ausmaße des Arbeits- und Fachkräftemangels und verschenke wertvolle Talente und Ressourcen. „Das dürfen wir uns weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich leisten“, warnt Heisig und fordert „geschlechtergerechte Lösungen sowohl auf dem Feld der Einkommen also auch in Sachen unbezahlte Care-Arbeit und ‚typische‘ Frauenberufe“. Insbesondere der öffentliche Dienst müsse hier mit gutem Beispiel vorangehen und neben spürbaren Einkommensverbesserungen in den Care-Berufen auch in der Personalgewinnung und -steuerung attraktiver und diskriminierungsfreier auf Frauen zugehen.