Die Motive für die Jagd sind unterschiedlich: Für manche geht es um Status und Tradition, für manche um Nahrung – für die Forstwirtschaft vor allem um Nachhaltigkeit.
Die Natur kann sich nicht mehr frei entfalten, der Mensch hat sie zur Kulturlandschaft geformt. Siedlungen, Felder, Straßen und Schienen verhindern, dass sich das Wild frei bewegen kann. Deshalb hält es sich vor allem im Wald auf. Hinzu kommt, dass natürliche Fressfeinde, wie beispielsweise der Wolf, die Population allein nicht regulieren können. Kurzum: Der Wald ist mit einer Überpopulation konfrontiert, das Ökosystem gerät aus dem Gleichgewicht.
„Eigentlich verjüngt sich der Wald selbst, die Bäume wachsen auf natürlichem Wege nach“, erklärt Patricia Stichling, Försterin in Brandenburg. „Allerdings funktioniert die Naturverjüngung nicht, wenn zu viel Wild da ist, weil sich die Tiere von den jungen Pflanzen ernähren und sie verbeißen.“ Deshalb sei es wichtig, die Wildpopulation durch Jagd auf ein verträgliches Maß zu regulieren. „Sonst ist irgendwann kein Wald mehr da.“
Der Forstbetrieb Chorin, für den Stichling arbeitet, hat in den vergangenen Jahren intensiver gejagt – unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Schonzeiten, versteht sich. Der Effekt: „Wir stellen fest, dass es auch der Wildpopulation insgesamt besser geht, weil sich die Nahrungsgrundlage verbessert.“ Konkret: Das Gewicht der einzelnen Tiere ist gestiegen.
Stichling wünscht sich, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit bei allen Jägerinnen und Jägern stärker in den Fokus rückt. Jagen darf nur, wer außer dem Jagdschein ein Jagdrecht besitzt. Dieses verpachten private Waldbesitzer*innen, in der Regel über lange Zeiträume. Mitunter sind Menschen am Werk, denen es vor allem darum geht, Wild für den Verzehr zu schießen – in Forstkreisen werden sie gerne als „Küchenjäger“ bezeichnet.
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Andere sehen in der Jagd noch immer eine Tradition, mit der sie ihren gesellschaftlichen Status ausdrücken, berichtet Stichling. „Das ist im Prinzip alles in Ordnung, solange die Bedeutung der Jagd für den Erhalt des Waldes nicht in Vergessenheit gerät.“
Text: cdi