Vereinbarkeit von Familie und BerufNeue Generation, neue Bedürfnisse – Fünf Strategien gegen den Fachkräftemangel
Bei der Wahl des Arbeitgebers spielen die Arbeitsbedingungen eine zentrale Rolle. Im öffentlichen Dienst besteht noch Handlungsbedarf.
Der Personalmangel im öffentlichen Dienst spitzt sich zu: Dem Staat fehlen mehr als 570.000 Beschäftigte. Das geht aus einer aktuellen Erhebung des dbb hervor.
„Wir brauchen dringend mehr Leute, um allen Aufgaben gerecht zu werden“, sagt Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der dbb jugend. „Deshalb ist es extrem wichtig, dass wir jetzt den Ernst der Lage erkennen und die richtigen Schlüsse ziehen, um im Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte zu punkten.“
Aus gewerkschaftlicher Sicht kommt es vor allem darauf an, den folgenden Fünf-Punkte-Plan umzusetzen:
1. Care-Arbeit anerkennen
Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen, Hausarbeit – all das mit dem Berufsleben zu vereinen, ist nicht immer einfach.
Arbeitgebende müssen starre Strukturen aufbrechen und mehr Flexibilität ermöglichen. Da bislang hauptsächlich Frauen die Care-Arbeit geleistet haben, ist dies einerseits ein überfälliger Schritt hin zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Andererseits handelt es sich um ein wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel. Wer eine gute Vereinbarkeit ermöglicht, gewinnt gute Fachkräfte.
2. Mehr Akzeptanz für Teilzeit schaffen
Teilzeitarbeit kann zur Falle werden: Wer weniger arbeitet, bekommt weniger Geld, wird bei Beförderungen übergangen und hat geringere Rentenansprüche.
Deshalb ist es entscheidend, für das Thema zu sensibilisieren und damit eine größere Akzeptanz zu schaffen. Das Ziel: Teilzeitarbeit darf niemals zur Falle werden! Das gilt insbesondere für die Elternzeit.
3. Maximale Flexibilität ermöglichen
Das Kind ist krank, die Kita geschlossen, es sind Handwerker im Haus, ein Arzttermin steht an – oder ein Angehöriger, der in einer anderen Stadt wohnt, ist auf Unterstützung angewiesen. Das Leben lässt sich nicht in starre Strukturen gießen. Vor allem junge Beschäftigte sehnen sich nach maximaler Flexibilität.
Homeoffice, Gleitzeit, mobiles Arbeiten sollten überall selbstverständlich sein. Auch während der Ausbildung. Flexibilität und gute Leistungen der Arbeitnehmenden sind kein Widerspruch.
4. Führung neu denken
Nur wer in Vollzeit arbeitet und sein Privatleben hinten anstellt, kann eine Führungsposition übernehmen – weil diese Sichtweise immer noch verbreitet ist, scheuen sich viele engagierte Beschäftigte, Verantwortung zu übernehmen. Damit geht Potenzial verloren.
Mit mehr Offenheit für Konzepte, bei denen sich zwei Beschäftigte eine Führungsposition teilen, lässt sich dieses Potenzial nutzen. Ebenfalls ein Gebot der Stunde: Führen in Teilzeit ermöglichen, soweit es die Tätigkeit zulässt. Dasselbe gilt fürs Führen auf Distanz.
5. Kinderbetreuung sicherstellen
Viele Unternehmen in der freien Wirtschaft bieten ihren Beschäftigten eine verlässliche Kinderbetreuung – hier muss der öffentliche Dienst nachlegen. Gefragt ist eine Ganztagsbetreuung, die sich nach den Arbeitszeiten richtet. Um das Angebot zu verbessern, müssen Arbeitgebende Kooperationen mit städtischen Kitas und überregionalen Betreuungsangeboten eingehen.
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Reine „Behörden-Kitas“ hält die dbb jugend für problematisch, da diese nicht die Vielfalt der Gesellschaft repräsentieren.
Weitere Maßnahmen, die für eine bessere Kinderbetreuung sorgen: Eltern-Kind-Büros, eine Notfallbetreuung für Ausnahmesituationen sowie eine ausreichende Zahl an Kinderkrankheitstagen. Ausreichend heißt: 30 Arbeitstage je Elternteil pro Jahr, für Alleinerziehende entsprechend 60.
Redaktion: cdi