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Pakete über Pakete: Mit der Black Week beginnt für die Beschäftigten in der Zustellung die forderndste Zeit des Jahres. Foto: Claudio Schwarz/Unsplash
Online-HandelDPVKOM: Ordnungsgemäße Paket-Zustellung ist nicht mehr gewährleistet
Black Week, Cyber Monday, Weihnachtsgeschäft: Vor allem in dieser Zeit offenbart sich, woran es bei Post und Zoll hapert. Gewerkschaften schlagen Alarm.
Entspannt auf dem Sofa durch Online-Shops scrollen, ein paar Klicks, schon ist die Bestellung unterwegs – dann soll es möglichst schnell gehen. Idealerweise erfolgt die Zustellung schon am folgenden Tag. Und wenn das Schnäppchen nicht den Erwartungen entspricht, dann geht es eben wieder zurück an den Anbieter. Paketfluten folgen auf Paketfluten.
Es sind die Zustellerinnen und Zusteller, die bei Wind und Wetter Pakete ausliefern, nicht der Weihnachtsmann. Sie verdienen Respekt!
Christina Dahlhaus, Vorsitzende DPVKOM
Während die einen kaufen, stehen andere unter enormen Stress, machen Überstunden und liefern mitunter bis zu 300 Pakete am Tag aus, von denen einige das Höchstgewicht von 31,5 Kilogramm auf die Waage bringen. Aktionswochen, wie beispielsweise die Black Week, und das Weihnachtsgeschäft verstärken die ohnehin schon hohe Arbeitsbelastung in der Zustellung, mahnt Christina Dahlhaus, Vorsitzende der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM). „Bundesweit fehlen uns mehrere Tausend Leute. Hinzu kommt ein hoher Krankenstand, der es nicht einfacher macht.“
Pöbeleien gehören zum Alltag
Die DPVKOM geht davon aus, dass es in der arbeitsreichsten Zeit des Jahres bei der Zustellung von Briefen und Paketen zu Verzögerungen kommt – und das, obwohl die Deutsche Post 10.000 Aushilfskräfte für das Weihnachtsgeschäft einstellen möchte. Die Folge: Unzufriedenheit, mit der vor allem die Beschäftigten konfrontiert sind. „Leider nehmen aggressives Verhalten und Beleidigungen zu, das dürfen wir nicht dulden“, betont Dahlhaus. Ihr Appell: „Es sind die Zustellerinnen und Zusteller, die bei Wind und Wetter Pakete ausliefern, nicht der Weihnachtsmann. Sie verdienen Respekt!“
Viele Pakete bedeuten viel Umsatz, sollte man meinen – ob die Beschäftigten davon profitieren?
Dahlhaus findet deutliche Worte: „Nein, die Post verzeichnet nach wie vor Gewinne, beklagt aber gleichzeitig die hohen Personal- und Lohnkosten. Dem Unternehmen geht es in erster Linie darum, die Aktionäre zufriedenzustellen und ihre mitunter völlig überzogenen Gewinnziele zu erreichen.“
Von gelegentlichen Sonntagsreden, in denen für die tolle Arbeit gedankt werde, könnten sich die Beschäftigten nichts kaufen, so die Vorsitzende. Ob der Arbeitgeber die Arbeitsleistung auch finanziell würdigt, werde die Tarifrunde zeigen, die Anfang 2025 startet. Eine weitere Stellschraube, mit der sich die Situationen verbessern lässt: mehr junge Menschen ausbilden, und das möglichst fundiert. „Aktuell müssen neu eingestellte Kolleginnen und Kollegen schon nach wenigen Tagen alleine auf Zustelltour. Das führt dazu, dass Fehler passieren, die dann wieder ein schlechtes Bild auf die Zustellqualität werfen.“
Zollgewerkschaft: Beschäftigte an Belastungsgrenze
Der Online-Handel findet grenzüberschreitend statt, viele Menschen kaufen Schnäppchen und Weihnachtsgeschenke im Ausland. 2023 hat der Zoll mehr als 170 Millionen Warensendungen zur Einfuhr abgefertigt. Das geht aus der aktuellen Zollstatistik hervor. Bemerkenswert: Zwischen 2019 und 2021 hat sich das Abfertigungsvolumen in Deutschland verdoppelt.
Wer nicht möchte, dass die Billig-Lichterkette den Weihnachtsbaum abfackelt, sollte sich für die Stärkung des Zolls einsetzen.
Tim Lauterbach, Vorsitzender der BDZ-Jugend
Ebenfalls bemerkenswert: Im Zeitraum von 2021 bis 2023 ist die Zahl der Abfertigungen um 70 Prozentpunkte gestiegen, der Warenwert allerdings nur um 13 Prozentpunkte. „Es ist deutlich mehr Billigware auf dem Markt“, konstatiert Tim Lauterbach, Vorsitzender der Jugend der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ). Die wenigsten wüssten, dass auch Verbraucherschutz zu den Aufgaben des Zolls gehört. Er kontrolliert, ob sich alle an die geltenden Standards für die Produktsicherheit halten, und informiert bei Mängeln die Marktüberwachung. Lauterbach: „Wer nicht möchte, dass die Billig-Lichterkette den Weihnachtsbaum abfackelt, sollte sich für die Stärkung des Zolls einsetzen.“
Und die ist aus gewerkschaftlicher Sicht dringend geboten: Personalmangel und eine IT, die nicht für die heutigen Datenmengen ausgelegt sind, zwingen das System in die Knie. „Die aktuelle Kontrolldichte liegt im Promillebereich“, beklagt der junge Gewerkschafter. Um mehr Nachwuchskräfte zu gewinnen, komme es vor allem darauf an, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Viele Zollämter, insbesondere an den großen Frachtflughäfen, seien renovierungsbedürftig. Die Ausstattung lasse oft zu wünschen übrig: „Zum Beispiel fehlen Tablets, um Vorgänge ohne Medienbrüche abzuarbeiten. Außerdem fordern wir moderne, schnelle und intelligente Systeme für die digitale Zollabfertigung.“
Mehr entdecken: Jobkompass – die Zöllnerin
Zentral ist für den BDZ, dass die Ausbildungsqualität nicht auf der Strecke bleibt. Zöllnerinnen und Zöllner verfügen über umfassende Warenkenntnisse, sie prüfen EU-rechtliche Vorgaben und setzen komplexe Regularien durch. Marcus Optendrenk (CDU), NRW-Finanzminister, hatte dem Zoll jüngst empfohlen, Lagerhallen an Flughäfen anzumieten und studentische Hilfskräfte die Pakete aus China kontrollieren zu lassen. „Das ist zynisch, wenig hilfreich und trägt nicht zur Verbesserung der Situation bei“, kritisiert Lauterbach. „Wenn es so einfach wäre, hätten wir das doch schon längst getan. Aber studentische Hilfskräfte können keine ausgebildeten Fachkräfte ersetzen.“
Redaktion: Christoph Dierking